Rz. 395

Die MwStSystRL enthält (anders noch Art. 28a ff. 6. EG-Richtlinie) die Bestimmungen für den innergemeinschaftlichen Handelsverkehr, verteilt über die gesamte Richtlinie. Ergänzend dazu bestimmen Art. 402 bis 404 MwStSystRL den Übergangscharakter dieser Bestimmungen.

 

Rz. 396

Art. 20ff. MwStSystRL regeln den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen. Als solcher gilt die Erlangung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen beweglichen körperlichen Gegenstand zu verfügen, welcher durch den Verkäufer oder durch den Erwerber oder für ihre Rechnung nach einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt des Beginns der Versendung oder Beförderung befand, an den Erwerber versendet oder befördert wird. Der innergemeinschaftliche Erwerb unterliegt aber nur dann der USt, wenn der Verkäufer ein Steuerpflichtiger (kein Kleinunternehmer) ist und als solcher handelt und der Umsatz keine Werklieferung und keine Versendungslieferung ist, die im Bestimmungsland der USt unterliegt.[1]

 

Rz. 397

Der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen durch vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer unterliegt immer der USt. Das Gleiche gilt für innergemeinschaftliche Erwerbe neuer Fahrzeuge, unabhängig vom Status des Erwerbers, und verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch Unternehmer oder nicht steuerpflichtige juristische Personen.[2] Verbrauchsteuerpflichtige Waren sind Energieerzeugnisse, Alkohol und alkoholische Getränke sowie Tabakwaren. Kein innergemeinschaftlicher Erwerb liegt bei Gegenständen vor, deren Lieferung im Inland nach Art. 15 Nrn. 4 bis 10 MwStSystRL steuerfrei wäre.[3]

Zu der Frage, ob Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii MwStSystRL auf innergemeinschaftliche Erwerbe verbrauchsteuerpflichtiger Waren, bei denen die Verbrauchsteuer im Gebiet des Bestimmungsmitgliedstaats der Versendung oder Beförderung der Waren entsteht, durch alle Unternehmer anzuwenden ist oder nur auf Erwerbe durch einen Steuerpflichtigen, dessen übrige Erwerbe gemäß Art. 3 Abs. 1 MwStSystRL nicht der MwSt unterliegen, hat der EuGH wie folgt entschieden: Zwar ist anhand des Wortlauts von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii MwStSystRL nicht eindeutig zu bestimmen, ob der Nebensatz "deren übrige Erwerbe gemäß Artikel 3 Abs. 1 dieser Richtlinie nicht der Mehrwertsteuer unterliegen", sowohl einen Steuerpflichtigen als auch eine nichtsteuerpflichtige juristische Person – wie sie in der erstgenannten Bestimmung genannt werden – betrifft oder ob er sich nur auf diese letztgenannte Person bezieht. In mehreren Sprachfassungen dieser Bestimmung werde ein unbestimmtes Pronomen verwendet, mit dem sowohl der Singular als auch der Plural wiedergegeben werden kann. Dies sei auch in der deutschen Fassung ("deren") der Fall. Nach den Grundsätzen der Besteuerung des grenzüberschreitenden Handels im Binnenmarkt muss, so der EuGH, aber mit jedem innergemeinschaftlichen Erwerb, der im Bestimmungsmitgliedstaat besteuert wird, eine innergemeinschaftliche Lieferung einhergehen, die im Abgangsmitgliedstaat befreit ist. Der sachliche Anwendungsbereich dieser Bestimmungen erstreckt sich auf alle "Gegenstände" und der Begriff "Gegenstände" umfasst auch die verbrauchsteuerpflichtigen Waren. Daraus folgt, dass dann, wenn die anderen Voraussetzungen in Bezug auf den Verkäufer erfüllt sind, die innergemeinschaftlichen Umsätze, die verbrauchsteuerpflichtige Waren betreffen, gemäß Art. 138 Abs. 1 bzw. Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i MwStSystRL im Abgangsmitgliedstaat als innergemeinschaftliche Lieferungen befreit sind und im Bestimmungsmitgliedstaat als innergemeinschaftliche Erwerbe mit MwSt belastet werden. Da aber der innergemeinschaftliche Erwerb von "Gegenständen" durch Steuerpflichtige bereits gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i MwStSystRL steuerbar ist, wäre, so der EuGH, die Festlegung einer Besteuerung für den Erwerb von verbrauchsteuerpflichtigen Waren durch dieselben Unternehmer in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii MwStSystRL überflüssig, da sich diese Besteuerung schon aus der ersten Bestimmung ergibt. Zum anderen werden abweichend von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i MwStSystRL durch Art. 3 Abs. 1 MwStSystRL bestimmte innergemeinschaftliche Erwerbe durch einen Steuerpflichtigen oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person von der Steuerbarkeit ausgenommen. Gleichzeitig bestimmt Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL, dass die Befreiung nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL nicht für Lieferungen gilt, denen Erwerbe nach Art. 3 Abs. 1 MwStSystRL entsprechen. Deshalb ist Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii MwStSystRL nur in den Fällen anwendbar, in denen die innergemeinschaftlichen Erwerbe durch einen Unternehmer oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person nach Art. 3 Abs. 1 MwStSystRL nicht der Besteuerung unterliegen. Daraus folgt, dass bei Erwerben durch Unternehmer nicht alle Unternehmer, sondern nur der Steuerpflichtige, dessen übrige innergemeinschaftliche Erwerbe nicht steuerbar sind, im Hinblick auf die Steuerbarke...

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