Rz. 292

Wird ein Gegenstand oder eine Dienstleistung für gemischte – steuerpflichtige und steuerfreie – Umsätze verwendet, ist nach Art. 173 Abs. 1 MwStSystRL der Vorsteuerabzug nur auf die dazu berechtigenden Umsätze zulässig. Dieser Pro-rata-Satz bezieht sich grundsätzlich auf alle von dem Unternehmer bewirkten Umsätze. Die Mitgliedstaaten können jedoch hiervon Abweichungen vorsehen.[1]

 

Rz. 293

Wird der Pro-rata-Satz in seiner Grundform angewendet, ermittelt er sich nach Art. 174 Abs. 1 MwStSystRL aus dem Verhältnis des Gesamtbetrags der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätze zu dem Gesamtbetrag aller Umsätze. Außer Ansatz bleiben bei diesem Bruch Lieferungen von Investitionsgütern und Hilfsumsätze im Bereich der Grundstücks- und Finanzgeschäfte, damit sie den Vorsteuerabzug nicht verfälschen.[2] Die Hilfsgeschäfte dürfen jedoch nicht die eigentliche Tätigkeit des Unternehmens widerspiegeln. Dies trifft zu für die Verkäufe von Investitionsgütern und für Grundstücks- oder Finanzumsätze, die nur als Hilfsumsätze getätigt werden, d. h. die innerhalb des Gesamtumsatzes des Unternehmens nur eine nebensächliche oder zufällige Rolle spielen. Diese Umsätze werden aber nur dann ausgeschlossen, wenn sie nicht in den Rahmen der regelmäßig ausgeübten beruflichen Tätigkeit des Unternehmers fallen.[3]

Art. 175 Abs. 1 MwStSystRL zwingt nicht dazu, die Rundungsregel anzuwenden, wenn ein Mitgliedstaat die Vorsteueraufteilung nach einer der besonderen Methoden gemäß Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL vornimmt. Die Anwendung der Rundungsregel im Fall der Vorsteuerberichtigung ist nur dann zwingend, wenn sie bereits zur Berechnung des ursprünglichen Vorsteuerabzugsbetrags angewandt wurde.[4] Zu der Frage, ob die Art. 168, 173, 174 und 175 MwStSystRL einer nationalen Steuerverwaltungspraxis entgegenstehen, wonach – auch für die Bestimmung der sog. Hilfs- bzw. Nebenumsätze – auf die Geschäftsvolumenzusammensetzung eines Unternehmens abzustellen ist, ohne dass eine Berechnungsmethode vorgesehen wäre, die sich auf die Zusammensetzung und die tatsächliche Zweckbestimmung der Erwerbe gründet, vgl. EuGH v. 14.12.2016.[5]

 

Rz. 294

Unberücksichtigt bleiben im Nenner des Bruchs zum einen Dividenden, die Tochtergesellschaften an eine Holdinggesellschaft ausschütten, die wegen anderer Tätigkeiten mehrwertsteuerpflichtig ist und die für diese Tochtergesellschaften Verwaltungsdienstleistungen erbringt, und zum anderen Zinsen, die Tochtergesellschaften dieser Holdinggesellschaft für ihnen gewährte Darlehen zahlen, wenn diese Darlehensumsätze keine wirtschaftliche Tätigkeit der Holdinggesellschaft darstellen.[6] Umsätze aus Zweigniederlassungen in anderen EU-Mitgliedstaaten und Drittstaaten dürfen nicht in die Pro-Rata-Berechnung einbezogen werden. Dies ergibt sich aus dem Territorialitätsprinzip. Da die Berechnung des Pro-Rata-Satzes des Vorsteuerabzugs Teil der Regelung über den Vorsteuerabzug ist, fallen die Modalitäten der Berechnung in den Geltungsbereich des nationalen Mehrwertsteuerrechts, dem eine Tätigkeit oder ein Umsatz steuerlich zuzuordnen ist. D.h. der Mitgliedstaat, in dem die Ausgangsumsätze steuerbar sind, bestimmt insoweit auch den Vorsteuerabzug für die damit zusammenhängenden Eingangsleistungen. Somit kann ein Unternehmen, dessen Hauptniederlassung in einem EU-Mitgliedstaat ansässig ist, für die Bestimmung des Pro-Rata-Satzes des Vorsteuerabzugs nicht die Umsätze berücksichtigen, die seine in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Zweigniederlassungen erzielt haben.[7]

In einem Fall, in dem Ausgaben einer in einem Mitgliedstaat A ansässigen Zweigniederlassung ausschließlich für die Umsatztätigkeit ihrer in einem Mitgliedstaat B ansässigen Hauptniederlassung bestimmt sind (wobei es sich hierbei um eine gemischte Umsatztätigkeit mit sowohl steuerpflichtigen als auch steuerfreien, den Vorsteuerabzug ausschließenden Umsätzen handelt), und die Hauptniederlassung und ihre Zweigniederlassung ein einheitliches Unternehmen bilden und Umsätze der Zweigniederlassung an ihre Hauptniederlassung als Innenumsätze nicht steuerbar sind, gilt, dass auf die Ausgaben der Zweigniederlassung, die – ausschließlich – sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Umsätze bestimmt sind, die jeweils von der in einem anderen Mitgliedstaat befindlichen Hauptniederlassung dieser Zweigniederlassung bewirkt werden, ein Pro-Rata-Satz des Vorsteuerabzugs anzuwenden ist. Dieser Satz ergibt sich aus einem Bruch, wobei im Nenner der Betrag der Gesamtumsätze (steuerfreie und steuerpflichtige, denen entsprechende Eingangsumsätze nicht unmittelbar zugeordnet werden können) ohne MwSt stehen. Im Zähler stehen nur die entsprechend steuerpflichtigen Umsätze ohne MwSt, aber auch die, für die das Recht auf Vorsteuerabzug auch dann bestünde, wenn sie im Mitgliedstaat der Registrierung der Zweigniederlassung bewirkt worden wären. Dieser Pro-Rata-Satz gilt auch dann, wenn das Recht auf Vorsteuerabzug deshalb besteht, weil die Zweigniederlassung für die Steuerpflicht der im Mit...

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