Rz. 204

Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL sieht vor, dass die Mitgliedstaaten von öffentlichen Posteinrichtungen ausgeführte Dienstleistungen und die dazugehörigen Lieferungen von Gegenständen mit Ausnahme der Personenbeförderung und der Telekommunikationsdienstleistungen von der MwSt befreien. Was unter "öffentliche Posteinrichtungen" zu verstehen ist, definiert die Richtlinie nicht.[1]

 

Rz. 205

Die gesetzlich geregelten Leistungen privater Beförderungsunternehmer für die Deutsche Bundespost können nicht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL befreit werden.[2] Der EuGH hat hier offengelassen, ob die Rechtsform einer Einrichtung Auswirkung auf deren öffentlichen Charakter haben kann. Er ist allerdings der Auffassung, dass die Befreiung uneingeschränkt auch für den Fall gilt, dass ein Mitgliedstaat die Ausführung von postalischen Tätigkeiten einer Einrichtung überlässt, die nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geführt wird. Postalische Tätigkeiten blieben auch dann befreit, wenn sie von einem "konzessionierten Unternehmen" verrichtet werden. Die der Steuerbefreiung unterfallenden Postuniversaldienstleistungen können von den Mitgliedstaaten in Anlehnung an Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 97/67/EG[3] definiert werden. Dienstleistungen öffentlicher Posteinrichtungen, deren Bedingungen einzelvertraglich ausgehandelt werden, unterliegen nicht der Steuerbefreiung. Diese ist jedoch auch dann zu gewähren, wenn die öffentliche Posteinrichtung nur einen Teil der Universaldienstleistungen erbringt.[4]

Art. 2 Nr. 13 und Art. 3 RL 97/67 sind dahin auszulegen, dass Anbieter von Briefzustelldienstleistungen, die in ihrer Eigenschaft als Inhaber einer nationalen Lizenz verpflichtet sind, förmliche Zustellungen von Schriftstücken von Gerichten oder Verwaltungsbehörden nach Vorschriften des nationalen Rechts durchzuführen, als "Universaldiensteanbieter" im Sinne dieser Bestimmungen anzusehen sind, sodass solche förmlichen Zustellungen als von "öffentlichen Posteinrichtungen" erbrachte Dienstleistungen nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL steuerfrei sind.[5]

 

Rz. 206

Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. be, p MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten bestimmte Leistungen im Gesundheitssektor. Dazu gehören die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durchgeführt bzw. bewirkt werden (Buchst. b). Die in der Ambulanz einer Stiftung des privaten Rechts von Diplom-Psychologen, die keine Ärzte sind, ausgeführten psychotherapeutischen Behandlungen stellen keine mit Krankenhausbehandlung oder ärztlicher Heilbehandlung eng verbundenen Umsätze dar, es sei denn, dass diese Behandlungen tatsächlich als Nebenleistungen zu einer, die Hauptleistung darstellenden Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung ihrer Empfänger erbracht werden. Dagegen ist der in Buchst. b enthaltene Begriff "ärztliche Heilbehandlung" dahin auszulegen, dass er sämtliche Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin i. S. v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL und insbesondere Leistungen von Personen umfasst, die keine Ärzte sind, aber arztähnliche Leistungen erbringen, wie es bei psychotherapeutischen Behandlungen durch Diplom-Psychologen der Fall ist.[6] Zum Umfang und den Voraussetzungen der Steuerfreiheit der Leistungen eines medizinischen Labors vgl. auch EuGH v. 8.6.2006.[7] Nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten u. a. Lieferungen von menschlichem Blut. Der Begriff "menschliches Blut" umfasst auch den Blutbestandteil Blutplasma. Die Steuerbefreiung gilt nur für eine Lieferung von Blutplasma, wenn die Lieferung unmittelbar zu dem Gemeinwohl dienenden Tätigkeiten beiträgt, d. h. wenn das gelieferte Blutplasma unmittelbar für Gesundheitsleistungen oder zu therapeutischen Zwecken eingesetzt wird. Die Lieferung von sog. Industrieplasma, das ausschließlich zur Herstellung von Arzneimitteln bestimmt ist, fällt dagegen nicht unter die Steuerbefreiung.[8] Ein Umsatz, der nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL befreit ist, eröffnet ungeachtet der im Bestimmungsmitgliedstaat anwendbaren Mehrwertsteuerregelung kein Recht auf Vorsteuerabzug, selbst wenn es sich um einen innergemeinschaftlichen Umsatz handelt.[9] Die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. e MwStSystRL setzt voraus, dass die Lieferungen von Angehörigen zweier bestimmter Berufsgruppen erbracht werden, und zwar von Zahnärzten und von Zahntechnikern. Daher können Lieferungen von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler, der kein Zahnarzt oder Zahntechniker ist, nicht unter die Steuerbefreiung fallen.[10] Dienstleistungen der Entnahme, der Beförderung, der Analyse und der Lagerung von Nabelsc...

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