Rz. 11

Nach § 86 Abs. 1 FGO sind die Behörden zur Vorlage verpflichtet, soweit nicht durch das Steuergeheimnis geschützte Verhältnisse Dritter unbefugt offenbart werden. Nach einer Auffassung soll danach der Schutz des Steuergeheimnisses absolut sein, ohne dass eine Abwägung mit dem Interesse an zuverlässiger Sachaufklärung erfolgt.[1] Allerdings ergibt sich aus der Verweisung auf § 30 AO, dass eine Offenbarung nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO möglich ist, wenn eine Abwägung zwischen dem Steuergeheimnis und dem Interesse an einer zuverlässigen Sachaufklärung unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgt.[2] Geschützt sind insoweit nur die Steuergeheimnisse nichtbeteiligter Dritter. Für alle am Verfahren Beteiligten[3] besteht grundsätzlich kein Schutz.[4] Allerdings können Verhältnisse Beigeladener dem Schutz unterfallen, soweit sie in keiner Beziehung zum jeweiligen Streitfall stehen.[5] Kollidieren die geschützten Interessen mehrerer Beteiligter, kann über eine Begrenzung des Akteneinsichtsrechts nach § 78 Abs. 1 FGO Abhilfe geschaffen werden. Dem Steuergeheimnis kann beispielsweise die Identität eines Anzeigeerstatters gegenüber dem Stpfl. unterliegen; im Einzelfall ist eine Abwägung vorzunehmen. Dabei kommt dem Informantenschutz nach Auffassung der Rechtsprechung regelmäßig ein höheres Gewicht gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Stpfl. zu, wenn sich die vertraulich mitgeteilten Informationen im Wesentlichen als zutreffend erweisen und zu Steuernachforderungen führen.[6]

 

Rz. 12

Die vom Gericht in Anspruch genommene Behörde hat, ggf. nach Anhörung des Betroffenen, die Amtshilfe gegenüber dem Gericht unter Angabe des Grunds zu verweigern, falls eine Verletzung des Steuergeheimnisses eintreten würde. Das von den Amtsträgern zu beachtende Steuergeheimnis ist detailliert in § 30 AO geregelt. Zum Streit über die Berechtigung, die Amtshilfe zu verweigern, s. Rz. 32f.

[1] Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 86 FGO Rz. 32 (für absoluten Schutz).
[2] So jetzt Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 86 FGO Rz. 8; Stiepel, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 86 FGO Rz. 27.
[4] FG Hamburg v. 4.12.1975, III 106/74, EFG 1976, 301.
[5] Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 86 FGO Rz. 33; Stiepel, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 86 FGO Rz. 28.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge