Rz. 15

Der Vorsitzende und der Berichterstatter können die Beteiligten zu einem Erörterungstermin laden. Dies entlastet den Gesamtsenat von umfangreichen Erörterungen zur Herausarbeitung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und von langwierigen Verhandlungen. In der Praxis hat sich der Erörterungstermin bewährt. Für die Beteiligten bietet die Durchführung eines Erörterungstermins manche Vorteile, sodass ein solcher in geeigneten Fällen auch von den Beteiligten angeregt werden sollte. So kann mit allen Beteiligten gemeinsam mit dem Gericht das weitere prozessuale Vorgehen abgestimmt werden. Insbes. kann erörtert werden, welche Unterlagen und Beweismittel noch zu beschaffen sind. Der Erörterungstermin dient dazu, den beweisbedürftigen Streitkern herauszuarbeiten und ist noch keine Beweisaufnahme.[1] Im Erörterungstermin können die Rechtsmeinung des Berichterstatters erkundet und damit die Erfolgsaussichten abgewogen und Möglichkeiten einer tatsächlichen Verständigung ausgelotet werden. Obwohl es im Finanzgerichtsprozess keinen Vergleich über den Steueranspruch wegen der Gesetzesbindung der Verwaltung gibt, ist eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits im Weg der tatsächlichen Verständigung in Erörterungsterminen häufig zu erreichen.[2] Äußerungen des Berichterstatters über den seiner Meinung nach voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens – auch eine Empfehlung, die Klage zurückzunehmen – sind möglich. Sie gehören zu den richterlichen Aufklärungs- und Hinweispflichten und rechtfertigen grundsätzlich keine Ablehnung wegen Befangenheit.[3] In Fällen, in denen der Sachverhalt für eine Entscheidung unvollständig erscheint oder unklare Anträge gestellt werden, oder in Fällen, die sich für eine unstreitige (gütliche) Lösung anbieten, sollte daher regelmäßig ein Erörterungstermin anberaumt werden. Denn in der Praxis hat sich herausgestellt, dass der Versuch einer schriftlichen Klärung häufig nicht zum Erfolg führt. Die ausführliche mündliche Erörterung des klägerischen Anliegens unter neutraler Leitung des Gerichts hat in vielen Fällen eine Befriedungsfunktion, die oft zum die Hauptsache erledigenden Einlenken des FA oder zur Klagerücknahme führt. In geeigneten Fällen kann auch das Einverständnis zur Entscheidung durch den Berichterstatter nach § 79a Abs. 3 FGO eingeholt werden. Auch können die Beteiligten nach ausführlicher Erörterung auf mündliche Verhandlung verzichten[4] und sich so ein erneutes Erscheinen am Gerichtsort ersparen.

 

Rz. 16

Bei der Ladung zu einem Erörterungstermin ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Wenn das Verfahren nach dem Erörterungstermin nicht beendet ist, müssen die Beteiligten ein zweites Mal zur abschließenden mündlichen Verhandlung vor dem Gericht erscheinen. Bedeutung und Umfang der Sache (Streitwert und Frage der grundsätzlichen Bedeutung) sind also in Relation zum Zeit- und Kostenaufwand (Verdienstausfall und Reisekosten) zu setzen.[5] Bewährt haben sich insoweit Erörterungstermine, die – in Flächenländern – der Berichterstatter nicht an Gerichtsstelle, sondern bei den (Amts-)Gerichten in der Nähe des Wohnorts/Sitzes der Beteiligten durchführt. Sofern die Kläger nichts dagegen einwenden, kann ein Erörterungstermin auch bei dem örtlichen FA stattfinden.[6] Ein prozessualer Anspruch der Beteiligten auf Durchführung eines Erörterungstermins überhaupt oder an einem bestimmten Ort besteht nicht. Ein Erörterungstermin kann auch als Videokonferenz durchgeführt werden.[7]

 

Rz. 17

Für die Ladung zum Erörterungstermin gelten die strengen Regeln der Ladung zur mündlichen Verhandlung nicht.[8] Die Ladung ist allerdings zuzustellen, wenn die Ladung mit weiteren Anordnungen, die Rechtsfolgen auslösen, verbunden wird.[9] Im Regelfall gibt es keine unmittelbaren prozessualen Folgen der Ladung zu einem Erörterungstermin. Mittelbare Folgen bei Nichterscheinen eines Beteiligten können sich aber Nachteile bei der Sachaufklärung infolge Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht oder Kostenfolgen nach § 137 FGO sein.[10] Erscheinen Beteiligte zu einem Erörterungstermin nicht, bleiben dem Vorsitzenden oder dem Berichterstatter genügend andere Möglichkeiten, das Verfahren einer zügigen Entscheidung zuzuführen.[11] Es liegt aber auch nicht im Interesse der Beteiligten, einem Erörterungstermin fernzubleiben, da gerade in einem Erörterungstermin die – wenn auch vorläufige – Einschätzung des Rechtsstreits durch das Gericht offenbar wird. Eine Ladungsfrist ist nicht einzuhalten.[12] Sollten die Geladenen aufgrund von Terminschwierigkeiten nicht an dem Termin teilnehmen können, ist es ratsam, den Termin im Einzelfall in Abstimmung mit den Beteiligten zu verlegen, wenn dies nicht zu einer unangemessenen Verzögerung führt. Erhebliche Gründe für die Verlegung des Termins[13] brauchen hierfür nicht vorgebracht zu werden. Die Durchführung des Erörterungstermins erfolgt im vorbereitenden Verfahren. Sollten die Beteiligten diesen nicht wahrnehmen können, kann rechtliches Gehör immer noch durch die mündlic...

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