Rz. 1

Um elektronischen Rechtsverkehr zu ermöglichen, wurde in der FGO erstmalig mit Wirkung vom 1.8.2001 die Vorschrift des § 77a FGO a. F. eingefügt.[1] § 77a FGO a. F. ließ anstelle der Schriftform eine Aufzeichnung als elektronisches Dokument genügen, wenn dieses für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet war. Die verantwortende Person sollte das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz (SigG) versehen. Der BFH verstand diese Regelung jedoch als bloße Ordnungsvorschrift mit der Folge, dass elektronische Dokumente wirksam auch ohne eine derartige Signatur eingereicht werden konnten.[2]

 

Rz. 2

§ 77a FGO a. F. wurde zum 1.4.2005 aufgehoben. Zugleich trat § 52a FGO in Kraft.[3] § 52a FGO sollte eine umfassende rechtsverbindliche elektronische Kommunikation zwischen Verfahrensbeteiligten und Gericht ermöglichen. Die elektronischen Kommunikationsformen sollten gleichberechtigt zu der bisher üblichen Schrift- bzw. mündlichen Form hinzutreten. Qualitativ sollten die Formerfordernisse des Rechtsverkehrs nicht verändert werden. Einen Schwerpunkt bildete die Sicherstellung der Authentizität und Integrität der Schriftstücke. Hier verwies die Vorschrift auf das SigG, ließ jedoch auch andere sichere Verfahren zu, um flexibel auf technische Fortschritte eingehen zu können.

 

Rz. 3

Der elektronische Rechtsverkehr hatte allerdings mit § 52a FGO a. F. noch keine große praktische Bedeutung erlangt. Um dies zu ändern, wurde die Vorschrift mit dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten[4] mit Wirkung ab 1.1.2018 geändert. Das Gesetz sah u. a. Änderungen der §§ 52a und 52b FGO sowie neu eingefügte §§ 52c und 52d FGO vor.

§ 52a FGO erweitert und vereinfacht den elektronischen Zugang zu den Gerichten bundeseinheitlich.[5] Die Änderung von § 52b FGO regelt die Überführung von elektronischen Dokumenten auf eine in Papier geführte Akte bzw. entsprechend umgekehrt die Überführung von Papierdokumenten in eine elektronisch geführte Akte.[6] Der seit 1.7.2014 geltende § 52c FGO sieht die Möglichkeit vor, elektronische Formulare einzuführen, um die gerichtlichen Verfahrensabläufe ohne Medienbrüche zu vereinfachen und zu standardisieren.[7] § 52d FGO statuiert eine Pflicht für bestimmte "professionelle" Einreicher, den elektronischen Rechtsverkehr für die Kommunikation mit dem Gericht aktiv zu nutzen. § 52d FGO trat am 1.1.2022, ggf. in den Ländern und nach Gerichtsbarkeit unterschiedlich bereits am 1.1.2020, in Kraft.[8] So waren z. B. in Bremen Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts seit dem 1.1.2021 im Bereich der Fachgerichtsbarkeiten mit Ausnahme des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit verpflichtet, den elektronischen Rechtsverkehr aktiv zu nutzen.[9]

 

Rz. 4

Begleitet wurden die Änderungen auch durch das Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften[10], das insbesondere mit dem Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung[11] medienbruchfrei elektronische Verfahren in den Behörden durch den elektronischen Zugang und die elektronische Akte einführte.[12]

 

Rz. 5

Der geänderte § 52a FGO trat grundsätzlich am 1.1.2018 in Kraft.[13] Für die Länder bestand allerdings die Möglichkeit, die bis dahin geltende Fassung des § 52a FGO und die entsprechenden Vorschriften in den anderen Prozessordnungen einheitlich für das Bundesland und die Gerichtszweige insgesamt weiter bis zum 31.12.2018 oder bis zum 31.12.2019 anzuwenden.[14] Die Bundesregierung konnte im Übrigen die in § 52a Abs. 2 S. 2 FGO bzw. § 52a Abs. 4 Nr. 4 FGO vorgesehene Rechtsverordnung bereits ab dem 1.1.2016 erlassen[15], damit sich die Länder rechtzeitig auf die künftigen technischen Vorgaben einstellen und ihre bestehenden Landesregelungen frühzeitig daran anpassen konnten.[16] Dies ist mit der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV)[17] erfolgt.

 

Rz. 6

Im Vergleich zu § 52a FGO a. F. wird seit 1.1.2018 bundeseinheitlich der elektronische Zugang zu den Gerichten ohne qualifizierte elektronische Signatur ermöglicht, wenn ein sicherer Übermittlungsweg (z. B. De-Mail, besonderes elektronisches Anwaltspostfach, besonderes elektronisches Behördenpostfach) genutzt wird. Weiterer Unterschied ist, dass eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs erteilt wird. Zudem ordnet § 52a Abs. 6 S. 2 FGO "zur Stärkung des Nutzervertrauens" an, dass ein Dokument gleichwohl fristwahrend eingegangen ist, obwohl die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand i. d. R. nicht vorliegen.[18]

 

Rz. 6a

Mit dem Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften[19] wurden die digitalen Zugangsmöglichkeiten zu den Gerichten erweitert. Zugleich sollten die Voraussetzungen für die wirksame elektronische Übermittlung von Dokumenten hinsichtlich der Einhaltung bestimmter technischer Anforderungen abgesenkt werden.[20] ...

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