Rz. 15

Allerdings wird durch §§ 33 Abs. 1 Nr. 1 i. V. mit Abs. 2 FGO nicht für alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten der Finanzrechtsweg eröffnet, sondern nur für solche Abgaben, die einerseits der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und andererseits durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden i. S. der §§ 1, 2 FVG[1] verwaltet werden.

 

Rz. 16

Im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes knüpft § 33 Abs. 2 FGO insoweit an die Kompetenzverteilung nach dem Grundgesetz an. Hiernach hat der Bund gem. Art. 105 Abs. 1 GG die ausschließliche Gesetzgebung über Zölle und Finanzmonopole (Rz. 13). Auch wenn der Bund seine Gesetzgebungskompetenz für Zölle im Zuge der Verwirklichung der Zollunion und des gemeinsamen EU-Binnenmarkts gem. Art. 3 AEUV weitgehend an die Europäische Union übertragen hat, bleibt der Finanzrechtsweg dennoch statthaft, weil § 33 Abs. 2 FGO insoweit nur an die innerstaatliche Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern anknüpft.[2]

Daneben hat der Bund gem. Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer (Rz. 16a) und gem. § 105 Abs. 2 S. 2 GG über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder – ohne dass ihm das Aufkommen dieser Steuern zusteht – wenn gem. Art. 72 Abs. 2 GG eine bundesgesetzliche Regelung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist.

Nach Art. 106 Abs. 1 GG steht dem Bund das Aufkommen der (mit Ausnahme der in Art. 106 Abs. 2, 3 und 6 GG genannten) Verbrauchsteuern, die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern, die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer, die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben, die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer sowie die Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft ganz zu. Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gem. Art. 106 Abs. 3 GG gemeinsam zu (sog. Gemeinschaftsteuern).

Nicht von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes werden gem. Art. 106 Abs. 2 GG die Vermögensteuer, Erbschaftsteuer, sonstige Verkehrsteuern, Biersteuer und die Abgabe von Spielbanken und sonstige örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern i. S. des Art. 105 Abs. 2a GG erfasst. Diese Steuern unterliegen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder, sodass insoweit allenfalls über § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO der Finanzrechtsweg eröffnet sein kann (Rz. 30).

 

Rz. 16a

Der Finanzrechtsweg dürfte auch dann noch nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröffnet sein, wenn ein Bundesland hinsichtlich der Grundsteuer von seiner Abweichungsbefugnis nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG Gebrauch gemacht und insoweit eine landesgesetzlich abweichende Regelung zur Grundsteuer getroffen hat. Dies sind Baden-Württemberg[3], Bayern[4], Hamburg[5], Hessen[6] und Niedersachsen.[7] Denn grundsätzlich unterliegt die Grundsteuer nach Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG ausdrücklich der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes (Rz. 16). § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO fordert zur Eröffnung des Finanzrechtswegs lediglich, dass die Abgaben grundsätzlich der Gesetzgebung des Bundes unterliegen. Damit soll auch nach der Gesetzesbegründung zum Entwurf einer FGO der Bundesregierung vom 2.8.1963 die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs für sämtliche Abgabenangelegenheiten des Bundes und der Länder gelten – abgesehen von dem Gebiet der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder.[8] Daher soll nach dem Verständnis des Gesetzgebers bei den Steuern, für die dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zusteht, nicht erforderlich sein, dass der Bund von seinem Gesetzgebungsrecht bereits Gebrauch gemacht hat.[9] Folgerichtig muss der Finanzrechtsweg daher auch eröffnet sein, wenn der Bund auf der Grundlage von Art. 105 Abs. 2 S. 1 GG ein Bundesgesetz erlassen hat, aber die Länder hiervon vollständig oder teilweise aufgrund der Abweichungsbefugnis nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 GG ein abweichendes Landesgesetz erlassen haben. Denn auch in diesem Fall besteht keine alleinige Gesetzgebungskompetenz der Länder.[10] Insoweit wird auch ein Auseinanderfallen des Rechtswegs im Zusammenhang mit den nur selektiv abweichenden Regelungen in Sachsen[11] und dem Saarland[12] in Bezug auf die Festsetzung der Steuermesszahlung bei der Grundsteuer verhindert. Allerdings haben die betroffenen Länder ausdrücklich den Finanzrechtsweg durch Landesgesetz i. S. des § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO eröffnet (Rz. 30).

 

Rz. 17

Die Verwaltungshoheit über Abgaben ist durch Art. 108 GG geregelt. Hiernach werden Zölle, Finanzmonopole, die bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel...

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