Rz. 1

Die Übernahme des Amts eines ehrenamtlichen Richters gehört zu den staatsbürgerlichen Pflichten, denen man sich grundsätzlich nicht entziehen kann. Die in § 20 Abs. 1 FGO genannten Personen können ohne Begründung die Berufung ablehnen.

  • Nr. 1: Das Recht zur Ablehnung steht nicht nur Amtsträgern der großen christlichen Kirchen, sondern Vertretern aller Religionsgemeinschaften zu. Entscheidend ist, ob der Personenkreis nach der Verfassung der Religionsgemeinschaft zur Vornahme gottesdienstlicher (oder entsprechender) Handlungen berechtigt ist. Nicht erfasst sind Laien und "weltliche" Kirchenbedienstete. Weltanschauungsgemeinschaften i. S. d. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 7 WRV sind nicht erfasst.[1]
  • Nr. 2: Schöffen und andere ehrenamtliche Richter nach Bundes- oder Landesrecht können ihre Berufung ablehnen. Eine Tätigkeit bei Schiedsgerichten gehört nicht dazu.
  • Nr. 3: Auch eine nicht zusammenhängende Tätigkeit von insgesamt zwei Amtsperioden als ehrenamtlicher Richter für die Finanzgerichtsbarkeit reicht aus. Tätigkeiten als ehrenamtliche Richter in anderen Gerichtsbarkeiten sind nicht mit einzubeziehen.[2]
  • Nr. 4: Ärzte (einschl. Zahnärzte), Krankenpfleger (einschl. Krankenschwestern) und Hebammen (einschl. Entbindungshelfer) sind ebenfalls befreit. Die Vorschrift ist nur bei aktiver Berufsausübung anwendbar.
  • Nr. 5: Befreit sind Apothekenleiter, die kein pharmazeutisches Personal beschäftigen.
  • Nr. 6: Personen, die die Regelaltersgrenze nach dem SGB VI erreicht haben.
 

Rz. 2

Im Übrigen ist die in der Berufung liegende besondere Härte[3] gesondert zu begründen. Ein Härtefall liegt z. B. bei körperlicher Gebrechlichkeit oder bei erheblicher familiärer Belastung vor. Berufliche Belastung ist allein kein Ablehnungsgrund. Es muss dem ehrenamtlichen Richter zugemutet werden, an den – lange im Voraus bekannt gegebenen – Sitzungstagen seine beruflichen Verpflichtungen so zu organisieren, dass sie vorgezogen oder nach hinten verschoben werden.[4]

 

Rz. 3

Das Gericht entscheidet über einen solchen Antrag durch Beschluss.[5]

Bis zu seiner Freistellung bleibt ein gewählter ehrenamtlicher Richter im Amt. Wird ein solcher ehrenamtlicher Richter entgegen dem Geschäftsverteilungsplan nicht zur Sitzung herangezogen, ist das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt. Das Gleiche gilt, wenn er nach seiner Freistellung durch Gerichtsbeschluss weiterhin als ehrenamtlicher Richter eingesetzt wird.[6] In beiden Fällen führt dieser Verfahrensmangel zu einem absoluten Revisionsgrund bzw. zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage.

[1] Müller-Horn, in Gosch, AO/FGO, § 20 FGO Rz. 2.
[2] Gräber/Herbert, FGO, 9. Aufl. 2019, § 20 Rz. 2.
[6] Gräber/Herbert, FGO, 9. Aufl. 2019, § 20 Rz. 5.

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