1 Teilweises Obsiegen bzw. Unterliegen (Abs. 1)

1.1 Kostenteilung

 

Rz. 1

Haben die Beteiligten weder voll obgesiegt noch voll verloren, sind die Kosten entweder verhältnismäßig aufzuteilen oder gegeneinander aufzuheben.

1.1.1 Quotale Aufteilung

 

Rz. 2

Regelfall ist die verhältnismäßige Aufteilung nach Bruchteilen (quotale Aufteilung). Hierbei sind die Kosten des Gesamtverfahrens aufzuteilen, nicht die einzelner Verfahrensabschnitte.[1] Werden in einem Klageverfahren mehrere angefochtene Verwaltungsakte zusammengefasst[2], ist gleichwohl der Quote die Summe der Streitwerte zugrunde zu legen und diese nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu bilden.[3] Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn sich der Streitwert während des Verfahrens ändert oder Klagen miteinander verbunden werden.[4]

Haben beide Beteiligte Rechtsmittel eingelegt (Revision und Anschlussrevision), wird die Quote in einer einheitlichen Kostenentscheidung entsprechend dem Verhältnis des Unterliegens und Obsiegens ermittelt.[5] Hat der Kläger seinen ursprünglich gestellten Sachantrag auf einen Hilfsantrag beschränkt und beantragt er nur noch die Aufhebung der Einspruchsentscheidung, ist dies mit dem Obsiegen zur Hälfte zu bewerten.[6] Die Einschränkung des Klageantrags wirkt hinsichtlich der Kosten wie ein teilweises Unterliegen.[7]

Eine Aufteilung nach Verfahrensabschnitten hat der BFH zugelassen, wenn sich der Streitwert während des Revisionsverfahrens mindert.[8]

[1] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 136 FGO Rz. 4; Ruban, in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 136 Rz. 3 m. w. N.
[2] Objektive Klagehäufung, § 43 FGO.
[6] FG Berlin-Brandenburg v. 23.4.2015, 3 K 3006/13, EFG 2015, 1413.
[7] FG Nürnberg v. 25.7.2012, 5 K 1354/2009, n. v., Haufe-Index 3531932.
[8] BFH v. 6.6.1984, II R 184/81, BStBl II 1985, 261; vgl. Hessisches FG v. 2.3.1989, IX 229/82, EFG 1989, 420.

1.1.2 Betragsmäßige Aufteilung

 

Rz. 3

§ 136 Abs. 1 FGO beschränkt seinem Wortlaut nach die verhältnismäßige Aufteilung nicht auf die quotale Methode, sondern lässt auch eine betragsmäßige Aufteilung zu. Dennoch ist der Auffassung zuzustimmen, dass derartige Kostenregelungen nur in Sonderfällen in Betracht kommen können[1], erfordert doch eine bezifferte Kostenentscheidung, die dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen entsprechen soll, faktisch ein vorweggenommenes Kostenfestsetzungsverfahren.

[1] §§ 136 Abs. 2, 137 FGO; Ruban, in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 136 FGO Rz. 5; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 136 FGO Rz. 5.

1.2 Kostenaufhebung

 

Rz. 4

In das Ermessen des Gerichts ist es gestellt, statt einer quotalen oder betragsmäßigen Aufteilung der Verfahrenskosten diese gegeneinander aufzuheben. Werden die Kosten gegeneinander aufgehoben, fallen die Gerichtskosten den Beteiligten je zur Hälfte zur Last; die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.

Diese Regelung dient der Vereinfachung der Kostenabwicklung, setzt aber voraus, dass den Beteiligten – notwendige – Kosten in etwa der gleichen Höhe entstanden sind. Das Gericht wird eine solche Kostenregelung ermessensgerecht nur dann treffen können, wenn es vorher die Verfahrenskosten überschlägig berechnet hat. Hierbei muss es berücksichtigen, dass die Finanzbehörde einerseits ohnehin keinen Anspruch auf Erstattung ihrer eigenen Aufwendungen hat, andererseits aber auch keine Gerichtskosten schuldet.[1] Wird der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, führt eine Kostenaufhebung i. d. R. zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung.[2] Gleichwohl soll eine Kostenaufhebung in diesen Fällen weder eine der gesetzlichen Grundlage entbehrende, greifbare Gesetzwidrigkeit noch einen schweren Verfahrensfehler darstellen.[3]

Da aber eine Kostenaufhebung auch im Interesse der Beteiligten liegen kann, z. B. um eine einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits zu erreichen, können diese einen entsprechenden Kostenantrag stellen, was – gewöhnlich auf Vorschlag des Gerichts – zur Erledigung der Hauptsache[4] oft geschieht. Dabei wird den Beteiligten aber häufig vorgeschlagen, eine Kostenregelung in der Weise zu treffen, dass die Finanzbehörde die Gerichtskosten übernimmt, da sie nach § 2 Abs. 1 GKG von den Gerichtskosten befreit ist, und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Dadurch entfallen sowohl der Kostenansatz[5] als auch eine Festsetzung der außergerichtlichen Kosten.[6]

[2] BFH v. 6.8.1971, III B 4/71, BStBl II 1972, 89; Ruban, in Gräber, FGO, 8. Aufl. 2015, § 136 FGO Rz. 2 m. w. N.
[6] § 149 FGO; vgl. § 138 FGO Rz. 23; Ausnahme: Der Prozessbevollmächtigte beantragt die Kostenfestsetzung, um einen Titel gegen seinen Mandanten zu besitzen, § 11 RVG.

1.3 Kosten bei geringfügigem Unterliegen (Abs. 1 S. 3)

 

Rz. 5

Ist ein Beteiligter nur zu einem geringen Teil unterlegen, so kann das Gericht von einer Kostenaufteilung absehen und dem hauptsächlich Unterlegenen die gesamten Verfahrenskosten auferlegen. Ob das Unterliegen geringfügig ist, hängt i. d. R. von...

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