Rz. 20

Ist die Sache nicht spruchreif (Rz. 15) und kann der BFH deshalb in der Sache nicht abschließend entscheiden, hebt er das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.[1] Sind mehrere Punkte im Streit, kann es sachgerecht sein, die Sache bereits dann zurückzuverweisen, wenn sicher ist, dass eine Zurückverweisung in jedem Fall notwendig ist.[2]

In der zurückverweisenden Entscheidung gibt der BFH dem FG nicht selten sachgerechte Hinweise für den zweckmäßigen weiteren Verfahrensgang vor dem FG. Dadurch kann häufig der Rechtsstreit einvernehmlich beigelegt werden.[3] Solche Hinweise sind für das FG nicht bindend i. S. von § 126 Abs. 5 FGO. Anders ist es, wenn der BFH dem FG eine abschließende und damit rechtlich bindende Beurteilung aufgibt (s. Rz. 33ff.).

Gegen das BFH-Urteil, mit dem die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen worden ist, ist kein Rechtsmittel gegeben. Somit ist dagegen die Anhörungsrüge nach § 133a FGO statthaft. Dem steht nicht entgegen, dass das Verfahren nach der Zurückverweisung beim FG fortgesetzt wird.[4]

 

Rz. 21

Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat.[5] Eine Zurückverweisung an das FA ist unzulässig; BFH v. 13.1.1966, IV 329/61, BStBl III 1966, 199 ist überholt. Eine isolierte Aufhebung des FG-Urteils mit der Folge, dass das FA unmittelbar tätig werden müsste, ist nicht möglich.

Bei Aufhebung eines Einzelrichterurteils kann der BFH an den Vollsenat zurückverweisen, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten aufweist oder grundsätzliche Bedeutung hat und somit die Voraussetzungen für die Übertragung auf den Einzelrichter nicht gegeben sind.[6] Der BFH hebt dann das FG-Urteil und den Beschluss zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter auf.[7] Im Übrigen geht die Sache grundsätzlich an den Einzelrichter zurück, da der Vollsenat mit der Übertragung auf den Einzelrichter seine Befugnisse verloren hat und kein neues Verfahren in Lauf gesetzt, sondern das bisherige Verfahren fortgesetzt wird.[8] Hat der BFH einen vom Einzelrichter entschiedenen Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen, ohne ausdrücklich eine Zurückverweisung an den Vollsenat auszusprechen, so ist im zweiten Rechtsgang ohne Weiteres erneut der Einzelrichter zuständig.[9] Bei Änderung der Geschäftsverteilung ist dies der nunmehr zuständige Einzelrichter.

 

Rz. 22

Ausnahmsweise kann der BFH an einen anderen Senat des FG zurückverweisen.[10] Da dies den gesetzlichen Richter berührt, müssen dafür besondere Gründe vorliegen, z. B. wenn ernstliche Anhaltspunkte für die Voreingenommenheit bestehen.[11] Die Zurückverweisung an einen anderen Senat kann von den Beteiligten angeregt werden. Die an dem aufgehobenen FG-Urteil beteiligten Richter sind von der Mitwirkung an der neuen Entscheidung nicht ausgeschlossen. Eine Befangenheit kann nicht unterstellt werden. Eine Zurückverweisung an ein anderes FG ist nicht zulässig.

Auch im Beschwerdeverfahren kann der BFH – obwohl er grundsätzlich selbst die Befugnis zur Tatsachenfeststellung hat – analog § 126 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 FGO die Sache an das FG zurückverweisen.[12] Davon macht der BFH Gebrauch, wenn nach der Sachlage die Feststellungen besser durch das FG getroffen werden. Zur Zurückverweisung, wenn während des Revisionsverfahrens ein neuer oder geänderter Bescheid ergeht, s. Kommentierung bei Dürr, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 127 FGO.

 

Rz. 23

Die Sache ist z. B. zurückzuverweisen, wenn

  • die angefochtenen Vorauszahlungsbescheide im Verlauf des Klageverfahrens durch die Jahresbescheide ersetzt wurden, die dadurch nach § 68 FGO Gegenstand des FG-Verfahrens geworden sind, wobei das FG gleichwohl über die unwirksam gewordenen Vorauszahlungsbescheide entschieden hat. Das FG hat nach der Zurückverweisung über die Jahresbescheide zu befinden.[13]
  • die Vorentscheidung keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen i. S. d. § 118 Abs. 2 FGO enthält, die eine revisionsrechtliche Überprüfung zulassen.[14] Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in dem FG-Urteil oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen, liegt ein materiell-rechtlicher Fehler – Verstoß gegen die Denkgesetze – vor, der auch ohne Rüge von Amts wegen zu berücksichtigen ist[15], z. B. wenn das FG die Gesamtabwägung der für eine berufliche Veranlassung sprechenden Umstände nicht vorgenommen hat[16] oder wenn die Sachverhaltsdarstellung widersprüchlich ist[17], bzw. die Feststellungen unklar und lückenhaft sind.[18]
  • Feststellungen zum entscheidungserheblichen ausländischen Recht fehlen[19];
  • das FG-Urteil keine tragfähige Tatsachengrundlage für die Annahme eines inländischen Wohnsitzes enthält[20];
  • der BFH eine vom FG abweichende Rechtsauffassung vertritt, für deren Zugrundelegung keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen vorliegen;
  • sich die tatsächlichen Feststellungen widersprechen[21];
  • ein absolut...

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