Rz. 8

Die Revision ist auch dann zurückzuweisen – d. h., es ist durchzuerkennen – und die Sache nicht an das FG zurückzuverweisen, wenn die Entscheidungsgründe des FG-Urteils zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts ergeben, die Entscheidung sich aber aus anderen Gründen als zutreffend darstellt.[1] Das FG-Urteil wird dann nicht in seiner Begründung, sondern nur im Ergebnis bestätigt. Die Regelung beruht auf prozessökonomischen Überlegungen. Eine Zurückverweisung an das FG ist nicht erforderlich, da dieses unter Berücksichtigung der Erwägungen des BFH zu demselben Ergebnis wie im angefochtenen Urteil kommen würde.

§ 126 Abs. 4 FGO findet nicht nur bei materiellen Fehlern, sondern auch bei Verfahrensverstößen Anwendung, wenn sich das FG-Urteil trotz des Verfahrensmangels aus anderen Gründen, die nicht von dem Verfahrensmangel berührt sind, als zutreffend erweist.[2] Würde der BFH in diesen Fällen das angefochtene Urteil aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen, würde das FG zum gleichen Ergebnis, d. h. zu einer Wiederholung seiner Entscheidung im Ergebnis, kommen müssen. Der BFH ersetzt daher hier die fehlerhaften Entscheidungsgründe durch die richtigen.

Trotz der Unterscheidung in § 126 Abs. 2 FGO (Unbegründetheit) und § 126 Abs. 4 FGO (Ergebnisrichtigkeit) weist der BFH in beiden Fällen die Revision "als unbegründet" zurück, obwohl im Fall des Abs. 4 die Revision an sich insoweit begründet ist, als das FG seine Entscheidung auf eine falsche rechtliche oder tatsächliche Grundlage gestellt hat.[3]

 

Rz. 9

Der BFH prüft das angefochtene Urteil im Rahmen der Revisions- und Klageanträge in vollem Umfang. Dabei sind evtl. Fehler des FG im Weg der Saldierung zu berücksichtigen.[4] Die Beschränkung der Prüfung auf gerügte Verfahrensfehler in Fällen des § 118 Abs. 3 FGO gilt hier nicht. Es kann und muss auch materielles Recht geprüft werden, selbst wenn nur Verfahrensmängel gerügt wurden. Die Prüfungsbefugnis des BFH ist insofern erweitert.[5] Außerdem kann das FG-Urteil auch aus Gründen nicht revisiblen Rechts vom BFH bestätigt werden.[6]

 

Rz. 10

Daraus ergibt sich, dass die Revision (aus prozessökonomischen Gründen) auch dann als unbegründet zurückzuweisen ist, wenn zwar ein materiell-rechtlicher Rechtsfehler oder ein gerügter Verfahrensfehler vorliegt, die Entscheidung aber hierauf nicht beruht, weil sie ohne den Rechtsfehler oder Verfahrensfehler aus anderen Gründen im Ergebnis nicht anders hätte ausfallen dürfen, z. B. weil es nach der Rechtsauffassung des BFH auf die fehlerhaft festgestellten Tatsachen des FG nicht ankommt.[7] Die Revision ist daher z. B. unbegründet, obwohl das FG-Urteil wegen eines Verfahrensmangels fehlerhaft ist, wenn es sich aber mit einer anderen von dem Verfahrensverstoß unabhängigen Begründung rechtfertigen lässt.[8]

Nur bei Vorliegen eines absoluten Revisionsgrunds i. S. v. § 119 FGO ist die Revision auch dann begründet, wenn das FG selbst bei Vermeidung des Verfahrensverstoßes und unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des BFH nicht anders entschieden hätte, da die Ursächlichkeit des Mangels grundsätzlich unwiderleglich mit der Folge vermutet wird, dass es an einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage fehlt.[9] Eine Entscheidung nach § 126 Abs. 4 FGO ist dann grundsätzlich ausgeschlossen.[10] Bei Verfahrensmängeln, die absolute Revisionsgründe beinhalten, ist § 126 Abs. 4 FGO nicht anwendbar.[11] Der BFH muss dann die Sache an das FG zurückverweisen und sich jeder sachlichen Stellungnahme, die das FG binden könnte, enthalten.[12]

Wird die Verletzung des rechtlichen Gehörs – absoluter Revisionsgrund nach § 119 Nr. 3 FGO – wegen Übergehen eines Angriffs- oder Verteidigungsmittels gerügt, kann der BFH von der Zurückverweisung der Sache an das FG absehen und ausnahmsweise die Revision als unbegründet zurückweisen, wenn das übergangene Angriffs- oder Verteidigungsmittel zur Begründung oder zur Abwehr des Angriffs ungeeignet war und eine erneute Entscheidung des FG deshalb nur zu einer Bestätigung des Urteils führen könnte. Der BFH kann dann selbst in der Sache abschließend entscheiden.[13]

Entsprechendes gilt, wenn das Fehlen von Entscheidungsgründen (§ 119 Nr. 6 FGO) gerügt wird.[14]

Bei der Prüfung der Ergebnisrichtigkeit ist der BFH grds. daran gehindert, die vom FG festgestellten Tatsachen selbst zu würdigen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn das FG alle für die Tatsachenwürdigung erforderlichen Tatsachen festgestellt hat und diese Feststellungen nach den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen für eine bestimmte Schlussfolgerung sprechen, die das FG nicht gezogen hat. Der BFH kann dann aus den festgestellten Tatsachen die andere – zutreffende – Schlussfolgerung ziehen.[15]

 

Rz. 11

§ 126 Abs. 4 FGO ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbar.[16] Die Revision kann mangels Ursächlichkeit des geltend gemachten Zulassungsgrunds – Verfahrensmangel oder z. B. grundsätzliche Bedeutung der herausgestellten Rechtsfrage – nicht zugelassen werden, wenn sich die kl...

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