Rz. 1

§ 125 FGO entspricht im Wesentlichen der Regelung über die Klagerücknahme in § 72 FGO. Die Revisionsrücknahme ist abzugrenzen vom Verzicht auf die Revision (Rechtsmittelverzicht, Rz. 16), von der Rücknahme der Klage, die auch noch im Revisionsverfahren erklärt werden kann (Rz. 2ff.) und von der Erledigung des Verfahrens (Rz. 1a).

Die Rücknahmemöglichkeit entspricht der Dispositionsbefugnis (Dispositionsmaxime) des Revisionsklägers. Er kann über die Einleitung, die Fortsetzung und die Beendigung des Verfahrens bestimmen. Das Erfordernis der Einwilligung des Revisionsbeklagten nach Abs. 1 S. 2 soll diesen in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium vor einer willkürlichen Rücknahme schützen, da er ein berechtigtes Interesse an einer Revisionsentscheidung haben kann.

Haben die Beteiligten das Verfahren – regelmäßig über mehrere Jahre – bis in die Revision vorangetrieben, fehlt es oft auf beiden Seiten an der Bereitschaft, den Streit einvernehmlich zu beenden. Gleichwohl sollte auch noch in diesem fortgeschrittenen Stadium versucht werden, das Prozessrisiko durch eine übereinstimmende Lösung – ggf. durch Rücknahme der Revision – zu beseitigen. Diese Prozesssituation kann vorliegen, wenn vor dem BFH – z. B. erst in der mündlichen Verhandlung – neue Tatsachen vorgetragen werden, die vom BFH nach § 118 Abs. 2 FGO nicht berücksichtigt werden können, aber die Sache in einem anderen Licht erscheinen lassen, oder wenn sich die Rechtsfrage auf – nicht streitbefangene – Folgejahre auswirkt, für die unter der Voraussetzung, dass die Revision zurückgenommen wird, eine Einigung erzielt wird. Im fortgeschrittenen Verfahrensstadium, insbesondere bei Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, ist allerdings davon auszugehen, dass sich die Richter bereits eine fundierte Meinung gebildet haben, sodass der Anstoß zu einer gütlichen Verfahrensbeilegung eher nicht vom Senat zu erwarten ist, sondern vielmehr in erster Linie den Beteiligten obliegt.

Bei eindeutiger Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Revision weist der BFH die Beteiligten gelegentlich darauf hin und legt die Rücknahme des Rechtsmittels nahe.[1]

 

Rz. 1a

Die Rücknahme der Revision ist zu unterscheiden von der Verfahrenserledigung nach § 138 FGO, die auch noch in der Revisionsinstanz erklärt werden kann:

  • Wird der Rechtsstreit – nicht nur die Revision – von beiden Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, wird das Urteil des FG (nicht der angefochtene Verwaltungsakt) wirkungslos. Ob tatsächlich Erledigung eingetreten ist, wird vom BFH nicht geprüft. Der BFH hat nur noch über die Kosten zu entscheiden.[2] Die isolierte Kostenentscheidung betrifft die gesamten Kosten des bisherigen Verfahrens, d. h. die Kosten des Klageverfahrens und des Revisionsverfahrens, da auch die Kostenentscheidung des FG gegenstandslos wird.[3] Die Erledigungserklärung ist allerdings nur wirksam, wenn das Rechtsmittel im Zeitpunkt der Erledigungserklärung zulässig war.[4]
  • Bei einseitiger Erledigungserklärung des Revisionsklägers, der sich der Revisionsbeklagte nicht anschließt, prüft der BFH, ob tatsächlich ein erledigendes Ereignis vorliegt und stellt dies ggf. durch Urteil oder Gerichtsbescheid fest. Fehlt dies, wird das Verfahren fortgesetzt und der BFH entscheidet über das Revisionsbegehren. Die Kostenentscheidung ergeht dann nicht nach § 138 FGO, sondern nach §§ 135ff. FGO.
  • Beschränkt sich die Erledigungserklärung dagegen auf das Rechtsmittel (die Revision) selbst, wird das FG-Urteil nicht wirkungslos. Die Kostenentscheidung betrifft dann lediglich die Kosten des Revisionsverfahrens. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels (der Revision) ist nicht erforderlich.[5]

Während der noch offenen Revisionsfrist kann die beiderseitige Erledigungserklärung auch gegenüber dem FG abgegeben werden.[6] Bei übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen wird das FG-Urteil insoweit unwirksam.[7]

Zum Unterschied von Revisionsrücknahme und Verzicht auf die Revision durch Rechtsmittelverzicht s. Rz. 16.

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