Rz. 19

Die subjektive Gewissheit des Tatrichters vom Vorliegen eines entscheidungserheblichen Sachverhalts oder Geschehensablaufs[1] bindet den BFH nur, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig nachvollziehbaren und einsichtigen Beweiswürdigung beruht.[2] Die Folgerungen müssen den Denkgesetzen (der Logik) entsprechen und vom festgestellten Sachverhalt getragen sein. Die Ableitungen des FG aus den festgestellten Tatsachen müssen logisch nachvollziehbar sein. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist die tatsächliche Würdigung des FG für den BFH bindend.[3] Die Denkgesetze sind zwar keine Rechtsnormen, geben jedoch den Maßstab zur Beurteilung und Bewertung von Tatsachen und sind deshalb wie Rechtsnormen revisibel.[4]

Hat das FG keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen für seine Folgerungen getroffen oder sind die Folgerungen aus den Tatsachenfeststellungen nicht nachvollziehbar und fehlt es daher an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen des FG, liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, der als Fehler der Rechtsanwendung (materiell-rechtlicher Fehler) ohne besondere Rüge vom BFH zu beachten ist.[5] Das ist auch der Fall, wenn die tatsächlichen Angaben widersprüchlich oder unklar und damit nicht nachvollziehbar sind.[6]

Ein solcher Verstoß ist aber nur dann gegeben, wenn die Schlussfolgerung des FG logisch nicht nachvollziehbar ist, d. h., wenn das FG bei der Feststellung seines Ergebnisses einem Denkfehler unterlegen ist. Dies liegt nicht bereits dann vor, wenn sich das FG für eine von mehreren logisch möglichen Folgerungen entschieden hat. Dass sich aus den festgestellten Tatsachen auch eine andere Folge logisch hätte herleiten lassen, stellt keinen Verstoß gegen die Denkgesetze dar.[7]

Das gilt auch bei einer Schätzung. Ist sie methodisch in sich widersprüchlich, liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor.[8]

Legt das FA einen unüblichen Sachverhalt oder Geschehensablauf zugrunde, sind an die Tatsachenfeststellungen und die daraus gezogenen Folgerungen erhöhte Anforderungen zu stellen.[9]

Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt z. B. vor, wenn das FG annimmt, aus der Tatsache, dass der Arbeitnehmer faktisch wie ein Geschäftsführer über das Firmenfahrzeug verfügen konnte, ergebe sich, dass ihm das Fahrzeug auch zur privaten Nutzung überlassen wurde. Erforderlich ist vielmehr eine tatsächliche Überlassung auch zur Privatnutzung.[10]

Geht der BFH von einem Verstoß des FG gegen die Denkgesetze aus, kann er, wenn die tatsächlichen Feststellungen des FG ausreichen, aus dieser Tatsachengrundlage selbst den logisch richtigen Schluss ziehen, z. B. dass – entgegen dem FG – grobes Verschulden vorliegt[11] oder dass die Grundsätze des Fremdvergleichs eingehalten sind.[12]

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