1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift wurde das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen[1] mit Wirkung ab 1.11.2008 geändert. Dabei wurde § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VwZG geändert, der § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VwZG neu gefasst und der bisherige § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VwZG in § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 VwZG geändert. § 10 Abs. 2 Nr. 1 VwZG wurde durch Gesetz v. 22.12.2011[2] mit Wirkung ab 1.4.2012 geändert.

 

Rz. 1a

Die öffentliche Zustellung führt in der Mehrzahl der Fälle nicht dazu, dass der Empfänger der Sendung das zuzustellende Schriftstück auch tatsächlich erhält; dem Betroffenen droht der Rechtsverlust. Die öffentliche Zustellung kann daher nur das letzte Mittel sein, wenn keine andere Möglichkeit mehr besteht. Die Möglichkeiten, den Aufenthaltsort des Empfängers zu ermitteln, müssen daher sorgfältig ausgeschöpft werden, bevor öffentlich zugestellt werden kann.[3]

Im Besteuerungsverfahren hat die öffentliche Zustellung wegen der Bestimmungen der §§ 81, 183 AO nur geringe Bedeutung. Diese Sonderregelungen der AO haben grundsätzlich Vorrang vor der öffentlichen Zustellung, da bei ihnen die Gefahr eines Rechtsverlusts für den Betroffenen geringer ist. Eine öffentliche Zustellung käme danach etwa in Betracht, wenn die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen nach § 81 AO wegen der dadurch entstehenden Kosten und der geringen Bedeutung der Angelegenheit untunlich ist.[4]

Nach Art. 36 Abs. 1 des NATO-Zusatzabkommens v. 3.8.1959[5] darf an Mitglieder der in der Bundesrepublik stationierten ausländischen Truppen, an deren ziviles Gefolge und an deren Angehörige nicht öffentlich zugestellt werden.

Für die Zollverwaltung gilt seit dem 11.1.2021, dass alle öffentlichen Zustellungen der Zollverwaltung nach § 10 VwZG nur noch über die Internetseite der Zollverwaltung www.zoll.de[6] einzusehen sind.[7]

[1] MoMiG, BGBl I 2008, 2026.
[2] Gesetz zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der Zivilprozessordnung, des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung v. 22.12.2011, BGBl I 2011, 3044.
[5] BGBl II 1961, 1218.
[6] Kurz-URL: https://www.zoll.de/oeffentliche-zustellungen.
[7] Bundesanzeiger AT v. 16.12.2020, B 7.

2 Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung (§ 10 Abs. 1 VwZG)

 

Rz. 2

Die in § 10 Abs. 1 VwZG aufgeführten drei Nummern sind sehr eng auszulegen. An die jeweiligen Voraussetzungen sind hohe Anforderungen anzulegen.

2.1 Unbekannter Aufenthalt des Empfängers und fehlender Vertreter (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VwZG)

 

Rz. 2a

Voraussetzung für die öffentliche Zustellung ist, dass der Aufenthaltsort des Empfängers der zuzustellenden Sendung unbekannt oder die Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist.

Öffentliche Zustellung ist danach möglich, wenn der Aufenthaltsort des Zustellungsempfängers allgemein unbekannt ist und auch nicht ermittelt werden kann; es genügt nicht, dass der Aufenthaltsort nur der Behörde unbekannt ist[1] oder dass Briefe als unzustellbar zurückkommen. Die Tatsache, dass der Aufenthaltsort unbekannt ist, ergibt sich entweder durch eine entsprechende Aussage der Meldebehörde oder auf andere Weise.[2] Die Behörde muss im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sorgfältige Ermittlungen anstellen.[3] Dazu gehören auch Ermittlungen bei einem Bevollmächtigten oder Angehörigen des Stpfl., sofern deren Adressen bekannt sind[4] bzw. unter einer Postadresse des Stpfl.[5] Ermittlungen anderer Behörden müssen abgewartet werden.[6] Von der Nachfrage bei Angehörigen kann nicht deshalb abgesehen werden, weil ihnen ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht, solange nicht konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie von dem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen werden.[7]

Die Pflicht zu Ermittlungen ist auch nicht auf das Inland beschränkt. Insbesondere bei bekanntem Wegzug in einen Staat der EU oder des EWR kann es zu den zumutbaren Ermittlungen gehören, Anfragen an ausländische Meldeämter zu richten.[8] Anderenfalls wäre durch die erhöhte Gefahr, durch eine öffentliche Zustellung einen Rechtsverlust zu erleiden, die Grundfreiheit auf Freizügigkeit, Art. 18 EGV, tangiert. Dabei sind auch die Möglichkeiten eines Informationsaustauschs auszuschöpfen.[9] Ermittlungsmaßnahmen können aber dann eingestellt werden, wenn der grenzüberschreitende Informationsaustausch nicht möglich oder fehlgeschlagen ist.

Im Ausland sind die Ermittlungsmöglichkeiten der Behörde aber regelmäßig begrenzt. Daher dürfen in diesen Fällen die Ermittlungspflichten der Behörde auch nicht unbegrenzt gefordert werden. Anderenfalls wäre eine wirksame Zustellung niemals möglich. Keine weitere Pflicht zur Ermittlung besteht daher nach der Rechtsprechung, wenn der Stpfl. in das Ausland geflohen ist oder sich in einer Weise verhält, die darauf schließen lässt, dass er seinen Aufenthaltsort verheimlichen möchte.[10] Das Gleiche...

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