Rz. 49

Beim inneren Betriebsvergleich werden die Besteuerungsgrundlagen der zu prüfenden Periode durch Vergleich mit den Besteuerungsgrundlagen anderer Zeitabschnitte desselben Stpfl. verprobt. Auf diese Weise sollen Abweichungen von den "Normalverhältnissen" ermittelt werden, um hieraus Hinweise auf prüfungswürdige Zeiträume/Besteuerungsgrundlagen zu erhalten. Bei Anwendung des inneren Betriebsvergleichs ist besonders darauf zu achten, dass die Zeiträume, die verglichen werden, auch tatsächlich vergleichbar sind, d. h. keine wesentlichen Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten sind (wie z. B. Betriebsvergrößerungen, wesentliche Investitionen, Einstellung von Teilbereichen, außerordentliche Erträge oder Aufwendungen). Diese Unterschiede müssen beim Betriebsvergleich berücksichtigt, d. h. neutralisiert werden.

 

Rz. 50

Beim äußeren Betriebsvergleich werden die Besteuerungsgrundlagen durch den Vergleich des geprüften Betriebs mit anderen, ähnlich strukturierten Betrieben verprobt. Der äußere Betriebsvergleich kann Einzelbetriebsvergleich (Vergleich mit einem oder einzelnen anderen Betrieben) oder Richtsatzvergleich (Vergleich mit den sich in der Richtsatzsammlung niedergeschlagenen Verhältnissen einer Vielzahl von Betrieben) sein[1]. Dem Richtsatzvergleich ähnelt der Vergleich der Abschreibungen eines Unternehmens anhand der AfA-Tabellen. Beim äußeren Betriebsvergleich muss, notfalls durch Umrechnungen, von der Individualität des einzelnen Betriebs, der geprüft wird, abstrahiert werden (Normalisierung), um die Vergleichbarkeit mit dem in die Richtsatzsammlung eingegangenen Durchschnitt der Richtsatzbetriebe herzustellen. Anschließend ist das nach den Richtsätzen ermittelte Ergebnis durch Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten des geprüften Betriebs den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen (Entnormalisierung). Dabei sind Besonderheiten bei den Geschäftsgepflogenheiten, der Organisation, den Absatzmöglichkeiten, der Kundschaft, den Lieferanten und der Struktur der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (Verhältnis der wesentlichen Posten zueinander) zu berücksichtigen. Lässt sich eine solche Vergleichbarkeit nicht herstellen, etwa weil der Betrieb des Stpfl. wesentlich größer ist als die Richtbetriebe, sind die Richtsätze nicht anwendbar[2].

 

Rz. 51

Bei Anwendung des äußeren Betriebsvergleichs sind dem Stpfl. aus Gründen des Rechtsschutzes alle relevanten Einzelheiten des oder der Vergleichsbetriebe bekanntzugeben, um ihm die Möglichkeit zu geben, die Vergleichbarkeit zu überprüfen. Andererseits dürfen die Angaben über die Vergleichsbetriebe nicht so konkret sein, dass danach eine Identifizierung der Vergleichsbetriebe möglich wäre; dadurch würde das Steuergeheimnis verletzt[3]; vgl. auch § 30 AO Rz. 35c. Die Angaben über Vergleichsbetriebe müssen daher in anonymisierter Form gemacht werden. Lassen sich diese gegensätzlichen Anforderungen nicht gleichermaßen erfüllen, ist auf das Hinzuziehen dieser Betriebe als Vergleichsbetriebe zu verzichten.

 

Rz. 52

Bei Anwendung der Richtsatzsammlungen ist die Lage insofern anders, als diese ein bewährtes und weitgehend anerkanntes Verprobungsmittel darstellen[4]. Regelmäßig wird davon ausgegangen werden können, dass die Richtsätze sorgfältig und dem System der Richtsätze entsprechend aufgestellt werden. Insoweit wird der Stpfl. also nicht die Angabe aller Einzelheiten verlangen können, die zur Aufstellung der Richtsätze geführt haben. Es liegt an ihm, Einwendungen gegen die Ermittlung und das System der Richtsätze vorzubringen[5]. Anders ist es dagegen bei Faktoren, die für die Normalisierung und Entnormalisierung erforderlich sind. Da diese Rechenoperationen unmittelbar auf den Betrieb des Stpfl. bezogen und für das Ergebnis der Richtsatzverprobung wesentlich sind, sind dem Stpfl. die Normalannahmen mitzuteilen, die den Richtsätzen zugrunde liegen[6], sofern sich diese Angaben nicht bereits aus den Vorbemerkungen zu den Richtsätzen entnehmen lassen. Dies erfordert nicht die Angabe der konkreten Betriebe, aus deren Verhältnisse diese Normalannahmen abgeleitet wurden; das Steuergeheimnis wird hierdurch also nicht verletzt.

[1] Zur Richtsatzsammlung 2011 vgl. BStBl I 2012, 627.
[2] BFH v. 7.12.1977, I R 16, 17/75, BStBl II 1978, 278; BFH v. 18.10.1983, VIII R 190/82, BStBl II 1984, 88; zu einem Beispiel, in dem die Richtsätze wegen erheblicher Unterschiede zwischen geprüftem Betrieb und Richtsatzbetrieb nicht anwendbar waren (Betriebsgröße, anderes Verhältnis der Warengruppen zueinander), vgl. BFH v. 17.11.1981, VIII R 174/77, BStBl II 1982, 430.
[3] § 30 AO; vgl. BFH v. 24.9.1976, II B 12/76, BStBl II 1977, 196; BFH v. 18.10.1983, VIII R 190/82, BStBl II 1984, 88.
[4] Schleswig-Holsteinisches FG v. 7.11.1979, II 77/76 [IV], EFG 1980, 175.
[5] Etwa durch die Darstellung, dass die recht grobe regionale Aufgliederung für seinen Fall nicht genügend differenziert; Hinweis auf andere, objektiv ermittelte Durchschnittswerte, vgl. BFH v. 18.10.1983, VIII R 190/82,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge