Rz. 42

Die Haftung besteht nur für:

• Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet.

Beim Übergang eines gesondert geführten Betriebs muss sich die Haftung noch enger, als der Wortlaut der Vorschrift sagt, auf die Steuern beschränken, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Teilbetriebs gründet. Eine weitergehende Haftung für die entsprechenden Steuern des gesamten Unternehmens wäre mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift (vgl. Rz. 1) nicht zu vereinbaren.

Der Begriff der Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet[1], ist in RFH v. 15.6.1927, IV A 192/27, AS Bd. 21, 217 grundlegend umschrieben worden. Hiernach genügt es nicht, dass der steuerpflichtige Vorgang an den Betrieb anknüpft oder in innerer, kausaler Beziehung zum Unternehmen steht oder der Verwirklichung des Zwecks des Unternehmens dient. Die Tatsache, dass es sich um Betriebsausgaben handelt, ist also nicht entscheidend. Vielmehr ist erforderlich, dass die Steuerpflicht durch bestimmte, in den einzelnen Steuergesetzen selbst bezeichnete Tatbestände an den Betrieb eines Unternehmens geknüpft ist, so z. B. wenn die Steuerpflicht nach dem für sie gesetzlich geforderten Tatbestand nur beim Inhaber des Unternehmens durch bestimmte Betriebshandlungen entstehen kann, also das Vorhandensein eines Unternehmens zwingend erfordert.[2] Wenn dagegen der Tatbestand auch unabhängig vom Bestehen des Unternehmens erfüllt werden kann, so kommt eine Haftung nach § 75 AO nicht in Betracht.

 

Rz. 43

Betriebsbedingte Steuern i. d. S. sind:

  • USt ausschließlich der EUSt und der Rechnungssteuer nach § 14c Abs. 2 UStG,
  • GewSt, früher einschließlich der Lohnsummensteuer,
  • Rennwettsteuer bei Totalisator- und Buchmacherunternehmen,
  • Verbrauchsteuern bei Herstellungsbetrieben,
  • Versicherungssteuern bei Versicherungsunternehmen,
  • in der Vergangenheit die Beförderungssteuer[3],
  • Straßengüterverkehrsteuer.

Nicht betriebsbedingte Steuern sind hiernach:

KraftSt[4], Zölle, ESt (einschl. LSt u. KapESt; s. aber Rz. 44), KSt, VSt, ErbSt, GrSt, GrESt, WechselSt (entfallen ab 1.1.1991), HundeSt (auch nicht für Betriebshunde). Auch die nach §§ 40 Abs. 1 oder 2, 40a oder 40b EStG ermittelte pauschale LSt ist keine betriebsbedingte Steuer, wenn sie auch vom BFH ständig unzutreffend als "Unternehmenssteuer eigener Art" bezeichnet wird.[5] Pauschalierte LSt kann auch von einem Arbeitgeber geschuldet werden, der nicht Unternehmer ist.

 

Rz. 44

• Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen.[6] Der Erstattungsanspruch[7] muss aus einer der als betriebsbedingt genannten Steuern resultieren. Rückforderungsansprüche, also Ansprüche auf Erstattung erstatteter Steuern, fallen nicht hierunter. Sie unterliegen nicht der Haftung nach § 75 AO.[8]

 

Rz. 45

• Steuerabzugsbeträge. In Betracht kommen die LSt[9] mit Ausnahme der nach §§ 40 Abs. 1 oder 2, 40a oder 40b EStG pauschal ermittelten LSt, die ­KapESt[10], die Abzugsbeträge nach § 50a EStG und früher die nach §§ 5158 UStDV abzuführende USt.

[1] Vgl. auch § 74 AO.
[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 75 AO Rz. 40; BFH v. 27.3.1961, II 228/59 U, BStBl II 1961, 270; FG Rheinland-Pfalz v. 16.7.1992, 4 K 2645/90, EFG 1992, 625.
[4] Auch nicht für Betriebsfahrzeuge; ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 75 AO Rz. 46.
[5] BFH v. 5.11.1982, VI R 219/80, BStBl II 1983, 91; a. A. auch Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 75 AO Rz. 46.
[8] Ebenso Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 75 AO Rz. 77; a. A. Klein/Brockmeyer, AO, 14. Aufl. 2018, § 75 Rz. 34; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 75 AO Rz. 38.

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