Rz. 7

Ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb liegt vor, wenn eine mit einer gewissen Selbstständigkeit versehene für sich lebensfähige Einheit besteht, die unabhängig von der sonstigen wirtschaftlichen Betätigung des Unternehmers betrieben worden ist und nach außen hin[1] als in sich organisch geschlossenes, selbstständiges Wirtschaftsgebilde in Erscheinung getreten ist.[2] Der Begriff entspricht mit der vom BFH[3] angewendeten betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise[4] dem des Teilbetriebs i. S. d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG, so dass die von der Rspr. zu dieser Vorschrift entwickelten Merkmale berücksichtigt werden können.[5] Dieser Teilbetrieb muss bis zur "Übereignung" Gliederungsteil eines Unternehmens gewesen sein. Er muss selbstständig lebensfähig sein.[6] Lebensfähig ist ein Teil des Gesamtbetriebs, wenn von ihm seiner Struktur nach eine eigenständige betriebliche Tätigkeit ausgeübt worden ist.

 

Rz. 8

Diese Voraussetzung kann erfüllt sein, wenn eine organisatorische Trennung durch eine selbstständige Geschäftsführung für jeden Geschäftszweig besteht. Diese Selbstständigkeit wird z. B. Ausdruck in einer getrennten Buchführung finden.[7] Hier wird deutlich, dass jeder Betriebszweig wirtschaftlich voneinander unabhängig ist. Wird keine Kontentrennung für jeden Geschäftszweig vorgenommen, so spricht dies i. d. R., jedoch nicht zwingend[8], gegen die Annahme eines gesondert geführten Betriebs.[9] Andererseits reicht die Einheitlichkeit der Buchführung zur Ablehnung der Selbstständigkeit nicht aus, wenn andere wichtige Merkmale für eine solche sprechen.[10] Maßgebend ist das Gesamtbild der unternehmerischen Tätigkeit. Dazu kann auch ein selbstständiges Auftreten im Rechts- und Geschäftsverkehr beitragen.[11] Die Haftung kann auch eingreifen, wenn dieser Betriebszweig erst aus dem Zusammenhang mit einem anderen Betriebszweig herausgelöst werden muss, um als selbstständiges Unternehmen fortgeführt werden zu können.[12] Kann der Betrieb mangels eigenen Einkaufs und eigener Kalkulation keine selbstständige Ertragsberechnung durchführen, so ist kein gesondert geführter Betrieb anzunehmen.[13]

 

Rz. 9

Auch die räumliche Trennung ist allein kein ausschlaggebendes Kriterium.[14] Insbesondere bei Einzelhandelsfilialen reicht es für die Annahme gesondert geführter Betriebe regelmäßig nicht aus, dass die Filialen voneinander und vom Hauptbetrieb räumlich getrennt sind und über eigenes Personal, eine selbstständige Kassenführung und einen eigenen Kundenkreis verfügen. Es müssen weitere Umstände hinzukommen, die für eine Selbstständigkeit sprechen, wie z. B. ein vollständig eigenständiger Wareneinkauf und eine selbstständige Preisgestaltung.[15] Eine räumliche Trennung kann jedoch ein Indiz für einen Teilbetrieb bedeuten.[16] Der Begriff erfordert nicht, dass es sich um eine selbstständige Zweigniederlassung handelt, wie umgekehrt eine Filiale nicht notwendig einen gesonderten Betrieb darstellt.[17]

 

Rz. 10

Die selbstständige Funktionsfähigkeit des abgetrennten Betriebsteils ist gegeben, wenn der Erwerber in der Lage ist, den Betrieb sofort ohne wesentliche Neuanschaffungen fortzusetzen. Die Selbstständigkeit darf nicht erst in der Hand des Erwerbers begründet werden.[18] Das Herauslösen aus einem bisher bestehenden Zweckzusammenhang hindert die Annahme eines Teilbetriebs nicht.[19] Die Veräußerung eines oder mehrerer Schiffe ist nicht ohne Weiteres die Übertragung eines selbstständig geführten Betriebs. Verkauft und veräußert jedoch ein Reeder alle Schiffe einer bestimmten Sparte (z. B. Tankschiffe) und behält er andere Schiffe (z. B. Frachtschiffe), so kann die Übertragung eines Teilbetriebs "Tankschifffahrt" unter § 75 AO fallen. Entsprechendes kann z. B. für ein Busunternehmen gelten, dessen Linienverkehr verkauft wird, während der Reiseverkehr verbleibt. Auch bei einer Trennung von Großhandel und Einzelhandel und Übertragung eines der Teile kommt es auf das Gesamtbild an, ob eine selbstständige, eigenständige betriebliche Tätigkeit des abgegebenen Teils vorliegt.[20] Ein Teilbetrieb kann allerdings dann nicht angenommen werden, wenn er erst dadurch entsteht, dass ein bestimmter, selbstständiger Betriebszweig erst aus dem Zusammenhang mit einem anderen Betriebszweig herausgelöst werden muss.[21]

 

Rz. 11

Bei Realteilung im Zusammenhang mit der Auflösung einer Personenhandelsgesellschaft sind die Voraussetzungen eines Teilbetriebs ebenfalls gesondert zu prüfen.

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