Rz. 29

Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 v. 20.12.2000[1] eingefügt worden.

Die Regelung hat den Zweck, eine Überbesteuerung zu vermeiden, die sich als Konsequenz aus dem BFH-Urteil vom 27.3.1991 zur steuerlichen Nichtberücksichtigung von gemischt veranlassten Aufwendungen ergab.[2] Hiernach waren Aufwendungen, die bei gleichzeitiger Verfolgung wirtschaftlicher und ideeller Tätigkeit entstehen, primär dem steuerbegünstigten Bereich zuzuordnen. Die Urteilsgrundsätze führen für die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe im Vergleich zu einer entsprechenden Tätigkeit gewerblicher Unternehmer tendenziell zu einer Überbesteuerung (vgl. Gesetzesbegründung). Denn während Letztere nach der allgemeinen Regel des § 4 Abs. 4 EStG sämtliche Aufwendungen, die durch die Einnahmeerzielung veranlasst sind, als Betriebsausgaben abziehen können, bleibt dies der gemeinnützigen Einrichtung im Rahmen ihres wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs infolge der teilweisen Überlagerung der ertragsteuerlichen Vorschriften durch die §§ 51ff., 55 AO versagt: Aufwendungen, ohne die keine Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung zuflössen, können nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden, da sie zwingend auch die steuerbegünstigte Betätigung betreffen, insofern diese unabdingbare Voraussetzung der wirtschaftlichen Betätigung ist.

 

Rz. 30

Da das Gemeinnützigkeitsrecht grundsätzlich wettbewerbsneutral gestaltet ist, sind weder Begünstigungen noch Benachteiligungen wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe systemgerecht und damit ggf. korrekturbedürftig. Abs. 6 ist eine Korrekturnorm in diesem Sinn und dient der Überwindung der dargestellten tendenziellen Benachteiligung bestimmter wirtschaftlicher Betätigungen steuerbegünstigter Körperschaften.

 

Rz. 31

Der Gesetzgeber hat hierbei für Betätigungen der Nr. 1–3 eine Benachteiligung ab einem Gewinn von mehr als 15 % der Einnahmen angenommen. Das gewählte Verfahren wirkt weniger abstrakt-generell als einzelfallbezogen und damit hinsichtlich anderer wirtschaftlicher Betätigungen, die in einem ähnlichen Bedingungsverhältnis mit der ideellen Tätigkeit stehen wie die gesetzlich benannten, ungerecht.

 

Rz. 32

Die Vorschrift begründet eine Wahlmöglichkeit; die Körperschaft braucht sie nicht in Anspruch zu nehmen, sondern kann den Gewinn nach den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen, d. h. vor allem auch nach den allgemeinen Grundsätzen ermitteln (vgl. zur Berücksichtigung gemischt veranlasster Betriebsausgaben oben Rz. 14). Die Körperschaft muss die Schätzung des Gewinns somit beantragen. Nimmt sie die Vorschrift in Anspruch, so hat sie gesonderte Aufzeichnungen über die mit den Tätigkeiten der Nr. 1–3 zusammenhängenden Einnahmen und Ausgaben zu führen.

Zu den Einnahmen zählt nicht die im Bruttopreis enthaltene USt.

 

Rz. 33

Zu Werbung i. S. d. Nr. 1 ist vor allem die steuerpflichtige Werbung bei Sportveranstaltungen (Banden- und Trikotwerbung) zu rechnen. Vgl. zu dieser und ihrer Abgrenzung zu der der Vermögensverwaltung zuzurechnenden Werbetätigkeit § 67a AO Rz. 29. Der Anwendungsbereich der Norm beschränkt sich aber nicht auf Werbung im Sport; er erstreckt sich beispielsweise auch auf Einnahmen aus Werbung im Bereich des Sponsorings.[3] Soweit Werbeeinnahmen nicht im Zusammenhang mit der ideellen steuerbegünstigten Tätigkeit oder einem Zweckbetrieb erzielt werden, z. B. Werbemaßnahmen bei einem Vereinsfest oder bei sportlichen Veranstaltungen, die wegen Überschreitens der Zweckbetriebsgrenze des § 67a Abs. 1 AO oder wegen des Einsatzes bezahlter Sportler ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sind, ist § 64 Abs. 6 AO nicht anzuwenden.

 

Rz. 34

Nach § 64 Abs. 6 Nr. 2 AO findet die Pauschalierung auch auf Totalisatorbetrieben (Wettbetriebe) gemeinnütziger Pferderennvereine und die den diesen zuzuordnenden Einnahmen und Ausgaben Anwendung. Trägereinrichtungen der Totalisatoren sind Traber-, Zucht- und sonstige Rennvereine, die satzungsgemäß der Hebung und Förderung der Pferdezucht im Interesse der Allgemeinheit dienen. Das Veranstalten von Trabrennen kann ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 64 AO sein, der mit dem Betrieb eines Totalisators einen einheitlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bildet. Diesem Betrieb sind grundsätzlich sämtliche Einnahmen und Ausgaben zuzuordnen, die durch ihn veranlasst sind.[4] Die maßgeblichen Einnahmen des Totalisatorbetriebs ermitteln sich wie folgt: • Wetteinnahmen • abzgl. Rennwettsteuer (Totalisatorsteuer) • abzgl. Auszahlungen an die Wetter.

 

Rz. 35

Das Wahlrecht ist für jeden wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gesondert auszuüben. Der Antrag gilt jeweils für alle gleichartigen Tätigkeiten in dem betreffenden Veranlagungszeitraum. Eine Bindung über den jeweiligen Veranlagungszeitraum hinaus besteht nicht. Da das Recht zur Pauschalierung nur ge-meinnützigen Körperschaften zusteht, entfällt die Pauschalierungsmöglichkeit mit Beendigung der Gemeinnützigkeit.[5]

[1] BGBl I 2000, 1850.

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