1 Allgemeines

1.1 Inhalt

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt die Abtretung, Verpfändung und Pfändung von Ansprüchen auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen und auf Steuervergütungen.

Als Formen rechtsgeschäftlicher Verfügung über die Ansprüche werden Abtretung und Verpfändung in § 46 AO gleich behandelt. Gesetzestechnisch geschieht dies in der Weise, dass in den Abs. 2–5 die Abtretung als der in der Rechtspraxis weitaus wichtigere Fall geregelt wird und Abs. 6 S. 3 AO diese Vorschriften auf die Verpfändung für sinngemäß anwendbar erklärt. Die Pfändung als hoheitlicher Zugriff auf die Ansprüche wird in Abs. 6 S. 1 und 2 und Abs. 7 separat geregelt.

Abs. 1 stellt klar, dass die Ansprüche auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen und auf Steuervergütungen abgetreten, verpfändet und gepfändet werden können. Abs. 2 macht die Wirksamkeit der Abtretung davon abhängig, dass sie der Finanzbehörde von dem Gläubiger nach Entstehung des Anspruchs in der nach Abs. 3 vorgeschriebenen Form angezeigt wird. In Abs. 3 S. 1 wird der notwendige Inhalt dieser Anzeige geregelt und die Verwendung eines amtlich vorgeschriebenen Vordrucks verlangt; Abs. 3 S. 2 schreibt die Unterzeichnung durch den Abtretenden und den Abtretungsempfänger vor. Abs. 4 erklärt in S. 1 den geschäftsmäßigen Erwerb von Erstattungs- und Vergütungsansprüchen für unzulässig, macht davon in S. 2 und 3 aber eine Ausnahme für die Fälle der Sicherungsabtretung, soweit der geschäftsmäßige Erwerb und die geschäftsmäßige Einziehung durch Unternehmen erfolgt, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist. Abs. 5 bestimmt, dass Abtretender und Abtretungsempfänger eine der Finanzbehörde angezeigte Abtretung auch dann gegen sich gelten lassen müssen, wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam oder wegen Verstoßes gegen Abs. 4 nichtig ist. Abs. 6 macht in S. 1 die Zulässigkeit von Pfändungs- und Einziehungsmaßnahmen davon abhängig, dass der Anspruch bereits entstanden ist, und ordnet in S. 2 für den Fall eines Verstoßes gegen diese Einschränkung die Nichtigkeit der Maßnahmen an. Abs. 6 S. 3 ordnet für rechtsgeschäftliche Verpfändungen die sinngemäße Anwendung der für Abtretungen getroffenen Regelungen an. Abs. 7 bestimmt, dass die Finanzbehörde, die über den Anspruch entschieden oder zu entscheiden hat, als Drittschuldner i. S. d. §§ 829, 845 ZPO gilt.

1.2 Zweck

 

Rz. 2

§ 46 AO enthält keine umfassende und abschließende Regelung zu Abtretung, Verpfändung und Pfändung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis[1], sondern beschränkt sich darauf, die Wirksamkeit bzw. Zulässigkeit dieser Rechtsakte in Bezug auf die in Abs. 1 ausdrücklich genannten Ansprüche von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen bzw. zu beschränken.

Die formalisierte Abtretungsanzeige nach Abs. 2 und 3 soll primär Lohnsteuerpflichtige davor schützen, ihre Erstattungsansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Zessionare abzutreten. Darüber hinaus soll die einheitliche Gestaltung des amtlichen Vordrucks die schnelle Abwicklung der Erstattungsanträge durch EDV-gerechte Aufbereitung der Buchungsanweisungen erleichtern.[2] Mit dem grundsätzlichen Verbot des geschäftsmäßigen Erwerbs von Steuererstattungsansprüchen in Abs. 4 soll der besonderen Form der Wirtschaftskriminalität begegnet werden, bei der unseriöse "Kreditgeber" den Erstattungsanspruch gegen eine vorbehaltlose Abtretung mit geringen Beträgen "vorfinanzieren" und dabei die Unkenntnis mancher Arbeitnehmer über die tatsächliche Höhe ihrer voraussichtlichen Steuererstattung ausnutzen.[3] Die Regelung des Abs. 2, dass die Anzeige der Abtretung nach Entstehung des Anspruchs erfolgen muss, und die Vorschriften des Abs. 6 S. 1 und 2, dass die Pfändung und Einziehung von noch nicht entstandenen Ansprüchen unzulässig und nichtig sind, dienen der Entlastung der Finanzbehörde. Es soll dieser erspart werden, sich bereits zu einem Zeitpunkt mit Abtretungen, Verpfändungen oder Pfändungs- und Einziehungsmaßnahmen befassen müssen, zu dem der Anspruch noch gar nicht entstanden ist.[4]

[1] Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 46 AO Rz. 15.
[2] BFH v. 25.6.1985, VII R 195/82, BStBl II 1985, 572; BFH v. 6.12.1988, VII R 206/83, BStBl II 1989, 223; BFH v. 8.6.2010, VII R 39/09, BStBl II 2010, 839; BFH v. 28.9.2011, VII R 52/10, BStBl II 2012, 92; Begründung der Bundesregierung zur Neufassung des § 159 RAO – der Vorläuferregelung zu § 46 AO –, BT-Drs. 7/2852, 47; Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 46 AO Rz. 3f.; kritisch gegenüber der besonderen Schutzbedürftigkeit des Zedenten bei Abtretung von Steuererstattungs- und -vergütungsansprüchen Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 46 Rz. 2.
[3] BT-Drs. 7/2852, 47; Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 46 AO Rz. 3.
[4] Begründung der Bundesregierung zu § 215 S. 2 und 3 des Entwurfs der AO 1974, BT-Drs. VI/1982, 171; Kunz, in Gosch, AO/FGO, § 46 AO Rz. 5.

1.3 Anwendungsbereich

 

Rz. 3

§ 46 AO gilt nur für die darin aufgezählten Erstattungs- und Vergütungsansprüche des Stpfl. gegen den Fiskus.[1] Als Stpfl. kommen auch Körpersc...

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