Rz. 1

Das Bußgeldverfahren ist ein spezielles förmliches Verwaltungsverfahren. Diesbezüglich sind die Zuständigkeiten der Verwaltungsbehörden und der Justizorgane (Gericht, Staatsanwaltschaft) für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten voneinander abzugrenzen. Aus § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ergibt sich, dass die sachliche Zuständigkeit bei der durch Gesetz bestimmten Verwaltungsbehörde liegt. § 409 AO weist der Finanzbehörde diese sachliche Zuständigkeit für die Verfolgung von Steuerordnungswidrigkeiten[1] zu, zu denen z. B. auch die Ordnungswidrigkeitentatbestände des UStG gehören.[2]

Durch den Verweis auf § 387 AO wird erreicht, dass die sachliche Zuständigkeit bei Straftaten und Ordnungswidrigkeiten übereinstimmt und folglich eine unterschiedliche Behördenzuständigkeit bei gleichgelagerten steuerstraf- oder bußgeldrechtlichen Sachverhalten vermieden wird.[3] Dies ist im Steuerstrafrecht von großer Bedeutung, da u. a. der Unterschied zwischen dem Straftatbestand der Steuerhinterziehung[4] und dem Bußgeldtatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung[5] allein im subjektiven Tatbestand liegt. Aufgrund des teilweise fließenden Übergangs zwischen diesen Delikten kann sich die Bewertung im Laufe des Verfahrens schnell und ggf. auch mehrfach ändern, sodass sich der Betroffene im Fall einer inhaltlich abweichenden Regelung u. U. wiederholt unterschiedlichen Verfolgungsbehörden gegenübergestellt sehen würde.

Die Zuständigkeit der Finanzbehörde ist mithin nicht davon abhängig, ob es sich um ein Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit handelt. Theoretisch sind zwar Fälle denkbar, in denen die Zuständigkeit auseinanderfällt[6], dies dürfte jedoch keinerlei praktische Relevanz haben.

Die Staatsanwaltschaft ist nur ausnahmsweise für die Verfolgung und Ahndung im außergerichtlichen Verfahren zuständig, vgl. Vor §§ 409412 AO Rz. 6; Lipsky, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 409 AO Rz. 6; Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 409 AO Rz. 10ff.

[2] Kemper, UR 2014, 673; vgl. auch § 377 AO Rz. 4f.
[3] Lipsky, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 409 AO Rz. 3.
[6] Lipsky, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 409 AO Rz. 5.

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