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Die Vielzahl von Ermittlungen bei Banken hat einerseits eindrucksvoll gezeigt, welche enormen Erkenntnisquellen für die Steuerfahndung im Zusammenhang mit der Verlagerung von Kapitalvermögen in das Ausland bei den Kreditinstituten bestehen, andererseits eine Flut von gerichtlichen Entscheidungen und Lit. ausgelöst.[1] Die besondere Bedeutung von Bankenermittlungen bei Steuerfahndungsprüfungen hat das BVerfG in seinen "Dresdner-Bank-Beschlüssen"[2] hervorgehoben. Die Verfassungsbeschwerde der Bank, mit der sie sich gegen umfangreiche Fahndungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Kapitaltransfers nach Luxemburg wehren wollte, wurde vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen, weil Überweisungen unter Einschaltung von CpD-Konten grundsätzlich Rückschlüsse auf steuerstrafrechtlich relevantes Verhalten zuließen und Steuerfahndungsmaßnahmen rechtfertigten. Das BVerfG[3] bestätigte die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme von insgesamt mehr als 40.000 Einzelbelegen. Es sei nicht erforderlich, dass jedes einzelne dieser Dokumente schon in einem vorab erkennbaren Zusammenhang mit konkreten Hinterziehungshandlungen stehe. Es genüge vielmehr, dass die Dokumente zur weiteren Sachverhaltsaufklärung dienen können, z. B. zur Feststellung allgemeiner Geschäftspraktiken bzw. zum Umfang vorgenommener Auslandsüberweisungen. Das BVerfG nimmt damit in Kauf, dass auch Unterlagen von Kunden, die keine Steuerhinterziehungen begangen haben, von den Fahndern ausgewertet werden. Voraussetzung für strafrechtliche Ermittlungen überhaupt ist jedoch immer ein Anfangsverdacht. Die Grenze zur bloßen Vermutung oder Möglichkeit ist insbesondere in den Fällen des im Übrigen erlaubten Verhaltens – Tafelpapiere und Auslandsüberweisungen sind für sich genommen legal – fließend. Hier müssen weitere Indizien für Hinterziehungen hinzukommen.[4] Der Verdacht richtet sich in erster Linie gegen den Kunden der Bank; allerdings kann bei entsprechendem Vorsatz auch bei äußerlich neutralen Handlungen oder berufstypischem Verhalten durch Bankmitarbeiter Beihilfe zu den Hinterziehungen der Kunden geleistet werden.[5] Im Übrigen gibt es bei den Ermittlungen bei Banken keine Besonderheiten. Ein Bankgeheimnis existiert schon im Besteuerungsverfahren nicht.[6] Im Strafverfahren bestehen für Kreditinstitute überhaupt keine Möglichkeiten, Anfragen der Ermittlungsbehörden unbeantwortet zu lassen. Wie jede andere Person auch müssen Mitarbeiter von Banken und Sparkassen[7] uneingeschränkt Zeugnis über ihre Wahrnehmungen ablegen und z. B. über Geschäftsvorfälle zu den Kunden berichten. Sie benötigen hierzu auch keine besondere Aussagegenehmigung.[8] Die Bank ist verpflichtet, entsprechende Unterlagen herauszugeben.[9] In der Praxis kommen die Institute mittlerweile dieser Verpflichtung nach. Den Banken steht nicht nur bei Herausgabeverlangen im Besteuerungsverfahren[10], sondern auch bei der Inanspruchnahme als Zeugen im Strafverfahren eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz[11] zu.[12]

[1] Allg. zu Fahndungsermittlungen bei Banken Bilsdorfer, DStR 1984, 498; Bilsdorfer, DStZ 1984, 415; Kniffka, wistra 1987, 309; zur Auswertung von CpD-Konten durch die Steuerfahndung Weyand, wistra 1990, 295; Messner, DB 1996, 2196; Joecks, WM 1998, Beil. 1.
[2] BVerfG v. 23.3.1994, 2 BvR 396/94, INF 1994, 381 m. zust. Anm. Bilsdorfer; BVerfG v. 13.12.1994, 2 BvR 894/94, INF 1995, 158 m. zust. Anm. Weyand; vgl. Carl/Klos, DStZ 1994, 391; Bilsdorfer, INF 1994, 545; krit. Arndt, KÖSDI 1994, 9760; Leisner, BB 1994, 1941; Leisner, BB 1995, 525; Hassemer, wistra 1995, 8, 41; zur Vorgeschichte vgl. Trzaskalik, DB 1994, 550; vgl. auch LG Bielefeld v. 14.1.1999, Qs 703/98, wistra 1999, 155; LG Bielefeld v. 22.6.1998, Qs 283/98, wistra 1998, 362.
[4] Vgl. für Tafelgeschäfte LG Freiburg v. 26.4.2000, VIII Qs 3/00,wistra 2000, 356 – Anfangsverdacht; FG Niedersachsen v. 4.12.1998, 10/524/98V, wistra 1999, 237 – kein Anfangsverdacht; OLG Frankfurt/Main v. 20.12.1995, 3 VAs 25, 26/95, wistra 1996, 159 m. Anm. Klos, wistra 1996, 176; BFH v. 6.2.2001, VII B 277/00, wistra 2001, 354: kein Anfangsverdacht bei banküblicher Abwicklung; BFH v. 15.6.2001, VII B 11/00, BFH/NV 2001, 1313: Anfangsverdacht, weil unübliche Abwicklung; vgl. Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 404 AO Rz. 141.
[5] BGH v. 1.8.2000, 5 StR 624/99, wistra 2000, 340 m. Anm. Jäger, wistra 2000, 344.
[6] Aufhebung des Bankgeheimnisses nach § 30a AO durch Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) v. 23.6.2017, BGBl I 2017, 1682.
[7] Vgl. zu einem möglichen Zeugnisverweigerungsrecht eines Sparkassenangestellten FG Münster v. 13.3.1992, 13 K 422/89 E, EFG 1992, 571 sowie bestätigend BFH v. 21.12.1992, XI B 55/92, BStBl II 1993, 451.
[8] Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 54 StPO Rz. 10 m. w. N.
[9] § 95 StPO; vgl. Rz. 27.
[11] JVEG v. 5.5.2004, BGBl I 2004, 776.

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