Rz. 23

Der richterliche Durchsuchungsbeschluss muss so gefasst sein, dass der Eingriff in das Grundrecht aus Art. 13 GG angemessen begrenzt sowie messbar und kontrollierbar bleibt.[1] Er muss inhaltlich möglichst bestimmt sein und im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren dem Betroffenen Aufschluss über Inhalt, Zweck und Ausmaß des Eingriffs geben.[2] Der Beschluss muss daher Steuerart, Tatzeitraum, die Tathandlung in groben Zügen und das Ausmaß der erhobenen Tatvorwürfe enthalten, soweit dazu schon Erkenntnisse bestehen, sowie die Art und den denkbaren Inhalt der gesuchten Beweismittel möglichst konkret bezeichnen. Auch zu beschlagnahmende Gegenstände müssen möglichst genau angegeben werden.[3] Floskelhafte Formulierungen, die Verwendung von einfachen Vordrucken, Textbausteine, die keine Bezugnahme auf den konkreten Fall erkennen lassen, oder formelhafte Wiederholungen des Gesetzestextes genügen diesen Bestimmtheitsanforderungen nicht.[4]

Allerdings sollte man die Anforderungen an die Begründung nicht überspannen. Die Ermittlungen stehen regelmäßig erst am Anfang und die Durchsuchung soll gerade dazu dienen, Beweismittel sicherzustellen, die den Tatverdacht und insbesondere die Höhe der verkürzten Steuern konkretisieren. Wollte man schon zu diesem Zeitpunkt eingehende Begründungen verlangen, wären Ermittlungen regelmäßig unmöglich. Auch darf eine Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht eintreten. Bis zum Abschluss der Ermittlungen kann dem Verteidiger eine Akteneinsicht versagt werden, wenn sie den Untersuchungszweck gefährden kann, § 147 Abs. 2 StPO. Dieses Recht der Staatsanwaltschaft könnte unterlaufen werden, wenn für den Durchsuchungsbeschluss eine eingehende, den Tatverdacht und die Beweismittel genau erläuternde Begründung gefordert würde.[5] Auf der anderen Seite müssen aber mindestens ein Verhalten oder sonstige Umstände geschildert werden, die, wenn sie erwiesen sein sollten, die wesentlichen Merkmale eines Straftatbestands erfüllen.[6] Beschlüsse nach § 103 StPO sind knapper zu formulieren.[7] Dies folgt zwar nicht aus dem Steuergeheimnis, weil die Offenbarung regelmäßig der Durchführung eines Steuerstrafverfahrens dient und damit nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO zulässig ist, sondern aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.[8] Ganz ohne Begründung geht es nicht, da auch der Durchsuchungsbeschluss nach § 103 StPO mit der Beschwerde anfechtbar ist, §§ 304, 34 StPO. Es genügt aber regelmäßig eine kurz gefasste Begründung, die den Betroffenen bei vernünftiger Betrachtungsweise darauf hinweist, dass die gegen ihn angeordnete Maßnahme nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt und die Ermittlungsorgane auf diesen Weg angewiesen sind, um die Frage strafrechtlich relevanten Verhaltens zu klären.[9] Die bloße Bezeichnung der infrage kommenden Straftatbestände im Rubrum des Beschlusses genügt diesen Anforderungen aber nicht.[10]

 

Rz. 24

Die Vollstreckung des richterlichen Beschlusses muss nicht zwingend sofort erfolgen. Nach h. M.[11] stellt der Beschluss keine bindende, d. h. sofort auszuführende, Anordnung dar. Aus ermittlungstaktischen oder auch aus organisatorischen Gründen kann ein Beschluss oftmals nicht sofort vollstreckt werden. Dies ist unschädlich, da die Vollstreckung grundsätzlich nicht nach Ablauf einer bestimmten Zeit unzulässig wird. Dennoch kann sich im Lauf der Ermittlungen auch die Erkenntnislage ändern. In diesem Fall muss die Ermittlungsbehörde, zumindest bei erheblichen neuen Erkenntnissen, einen neuen Beschluss herbeiführen.[12] Allerdings ist ein Durchsuchungsbeschluss spätestens innerhalb eines halben Jahres seit dessen Erlass zu vollstrecken.[13] Danach sei ein effektiver Grundrechtsschutz nicht mehr gewährleistet, da bereits durch den Zeitablauf nicht mehr sicher festgestellt werden könne, dass die zum Zeitpunkt des Beschlusses vorhandenen tatsächlichen Umstände bzw. den entsprechenden Antrag stützenden Ermittlungsergebnisse unverändert geblieben seien. Die Durchsuchungsanordnung tritt daher nach sechs Monaten außer Kraft, es sei denn, der zuständige Richter bestätigt seinen Beschluss nach erneuter Prüfung der Sach- und Rechtslage. Die Frist von sechs Monaten gilt jedenfalls dann nicht, wenn sich die Sachlage erkennbar geändert.[14] In diesem Fall ist unter Darstellung des geänderten Sachverhalts ggf. ein neuer Durchsuchungsbeschluss zu beantragen.

[1] BVerfG v. 27.5.1997, 2 BvR 1992/92, wistra 1997, 223, 225.
[3] Vgl. grundlegend BVerfG v. 3.9.1991, 2 BvR 270/90, wistra 1992, 60; BVerfG v. 23.3.1994, 2 BvR 396/94, NJW 1994, 2079; BVerfG v. 21.6.1994, 2 BvR 2559/83, NJW 1994, 3281; OLG Düsseldorf v. 18.9.1996, 1 Ws 788/96, wistra 1997, 77; LG Chemnitz v. 15.1.1999, 5 Qs 2/99, wistra 1999, 154; LG Bielefeld v. 14.1.1999, Qs 703/98, wistra 1999, 155; LG Freiburg v. 7.9.1999, VIII Qs 4/99, wistra 2000, 159.
[4] LG Oldenburg v. 6.5.1986, II Qs 25/86, wistra 1987, 38: "vorg...

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