Rz. 11

Die Befugnisse der Steuerfahndung hängen ab von der jeweiligen Aufgabenerfüllung.[1] § 404 AO regelt die Befugnisse im Rahmen der strafprozessualen Aufgabe ("im Strafverfahren wegen Steuerstraftaten"). Für die Behörden des Zollfahndungsdienstes sind in § 52 Abs. 1 ZFdG diese strafprozessualen Befugnisse der Zollfahndungsämter und des ZKA teilweise wortgleich aufgenommen. Davon zu unterscheiden ist die Aufgabe der Zollfahndung, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verhüten (präventive Aufgabe) und unbekannte Steuerfälle aufzudecken. Zur Erfüllung dieser Aufgabe gestattet zunächst § 39 ZFdG in einer Generalklausel, alle geeigneten erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zu treffen. Darüber hinaus gestattet das ZFdG sowohl dem ZKA als auch den Zollfahndungsämtern im Bereich der präventiven Aufgabe umfangreiche Befugnisse zur Datenerhebung durch längerfristige Observation[2], durch Einsatz technischer Mittel, u. a. durch Abhören des nichtöffentlich gesprochenen Wortes[3], sowie durch den Einsatz von V-Leuten.[4]

Staatsanwaltschaftliche Befugnisse haben weder Steuerfahndung noch die Behörden des Zollfahndungsdienstes. Diese stehen allein der Staatsanwaltschaft zu bzw. im Verfahren der Finanzbehörden nach § 386 AO der StraBu/BuStra oder den HZÄ als Herrin des Verfahrens.[5] In keinem Fall ist die Fahndung Herrin des Verfahrens und darf daher zwar ein Steuerstrafverfahren einleiten, dies aber nicht wieder einstellen.[6]

3.1 Rechtsquellen

 

Rz. 12

Aus § 208 Abs. 1 Nr. 1 AO ergibt sich, dass die Erforschung von Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten die originäre Aufgabe der Steuerfahndung ist. Sie ist die "Steuerpolizei" oder "Kriminalpolizei in Steuersachen".[1] Ihre Befugnisse dazu werden in der StPO und AO konkretisiert; daneben existieren in den meisten Bundesländern noch interne Verwaltungsvorschriften, die Rechte und Pflichten der Beamten im Strafverfahren beschreiben.

[1] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 404 AO Rz. 3.

3.1.1 Strafprozessordnung (§ 404 S. 1 AO)

 

Rz. 13

Gemäß § 385 Abs. 1 AO gelten für das Strafverfahren wegen Steuerstraftaten neben der AO die allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich u. a. die StPO. Sie enthält in §§ 158ff. StPO zahlreiche Vorschriften über die Durchführung des Ermittlungsverfahrens, die auf dem Weg zu einer verfahrensabschließenden Entscheidung[1] zu beachten sind.

3.1.2 Abgabenordnung

 

Rz. 14

Die Vorschrift des § 404 S. 1 AO stellt zunächst klar, dass die Steuerfahndung im Steuerstrafverfahren dieselben Rechte und Pflichten hat wie die Polizei aufgrund der StPO. Mit Rechte der Polizei ist zunächst die allgemeine Ermittlungsbefugnis gemeint; die meisten Eingriffsbefugnisse stehen demgegenüber nach der StPO nur den Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu, zu denen aber die Fahnder nach § 404 S. 2 a. E. AO gehören. Maßgebliche Pflicht der Polizei nach der StPO ist die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts nach § 163 Abs. 1 StPO. Durch § 404 S. 2 AO erhält die Fahndung das Recht, Papiere des Betroffenen eigenständig, d. h. entgegen § 110 Abs. 2 StPO auch ohne Genehmigung des Inhabers, durchzusehen (vgl. Rz. 54). Der weiter in § 404 S. 2 AO enthaltene Verweis auf die aus § 399 Abs. 2 S. 2 AO resultierenden Notkompetenzen der Finanzbehörden ist eigentlich überflüssig; diese Befugnisse ergeben sich bereits aus der Eigenschaft der Fahnder als Ermittlungspersonen.

3.1.3 AStBV (St)

 

Rz. 15

Ähnlich den für das allgemeine Strafverfahren geltenden "Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren"[1], gelten in den Bundesländern die Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) – AStBV (St).[2] Sie sollen der einheitlichen Handhabung des Gesetzes dienen und praktische Hinweise geben (Einf. zu den AStBV). Ihre Einführung im Jahr 1982 war heftiger Kritik ausgesetzt.[3] Letztlich entfalten die Anweisungen als verwaltungsinterner Erlass jedoch nur Bindungswirkung für die Finanzverwaltung und haben keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Bürger; sie können demgemäß Kompetenzen der Steuerfahndung weder begründen noch erweitern. Allerdings binden sie als allgemeine Weisungen die Steuerfahndung bei ihrem Handeln.

[1] RiStBV, abgedruckt bei Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, Anh. 12.
[2] BStBl I 2019, 1142; krit. zu Einzelregelungen Weyand, wistra 2008, 214; dazu näher Klaproth, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 385 AO Rz. 15.
[3] Vgl. die Nachweise bei Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, Vor §§ 385-408 AO Rz. 3ff.

3.2 Strafprozessuale Kompetenzen

 

Rz. 16

Keine strafprozessualen Befugnisse kann die Steuerfahndung in Anspruch nehmen, sofern ein absolutes Verfahrenshindernis besteht (Tod des Beschuldigten, Strafklageverbrauch, strafrechtliche Verfolgungsverjährung gem. §§ 78ff. StGB). Ein entsprechendes Verfahren ist gem. § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Durchsuchungen oder Beschlagnahmen sin...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge