Rz. 5

Die Bestimmung ist nur auf Vergehen i. S. v. § 12 Abs. 2 StGB anwendbar[1], also bei sämtlichen Steuerstraftaten.[2]

 

Rz. 5a

Die Anwendung der Bestimmung setzt voraus, dass der Tatbeteiligte[3] nur mit geringer Schuld gehandelt hat. Geringe Schuld i. d. S. kann nach allgemeiner Auffassung dann angenommen werden, wenn sie bei Vergleich mit Vergehen gleicher Art nicht unerheblich unter dem Durchschnitt liegt.[4] Die der geringen Schuld angemessene Strafe[5] muss im untersten Bereich des Strafrahmens[6] angemessen sein.[7]

 

Rz. 6

Weiterhin darf an der Strafverfolgung kein öffentliches Interesse bestehen. Bei der Prüfung dieser Frage muss man insbesondere mögliche general- und spezialpräventive Erwägungen im Auge behalten (Rz. 26).

 

Rz. 7

Die Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erfordert grundsätzlich die Zustimmung des Strafgerichts, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre.[8] Nach Anklageerhebung kann eine Einstellung durch das Gericht gem. § 153 Abs. 2 StPO mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und grds. auch mit Zustimmung des Angeschuldigten erfolgen.

 

Rz. 7a

Das Zustimmungserfordernis bei einer Einstellung im Ermittlungsverfahren nach § 153 Abs. 1 StPO besteht nicht, wenn

  • die Tat nicht von vornherein mit einem erhöhten Strafmaß bedroht ist. Eine Zustimmung ist auch in Fällen der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall nach § 370 Abs. 3 AO nicht erforderlich, denn die in § 370 Abs. 3 AO aufgeführten Regelbeispiele stellen reine Strafzumessungsregeln dar, begründen jedoch keinen eigenen Straftatbestand.[9] Die Praxis dürfte in solchen atypischen Fällen aber wohl immer die Zustimmung des Gerichts gem. § 153 Abs. 1 StPO einholen.[10]
 

Rz. 7b

  • die Tatfolgen gering geblieben sind. § 153 StPO stellt somit nur noch auf den effektiv verbliebenen Schaden ab. Welche Schadenshöhe i. d. S. grundsätzlich als gering anzusehen ist, ist zweifelhaft.[11] Die Anwendung des § 153 StPO ist im Zusammenhang mit Steuerstraftaten zulässig, wenn die bei § 398 AO bislang relevanten Wertgrenzen eingehalten werden (Rz. 22–24).
[4] Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 153 StPO Rz. 4 m. w. N.; Nr. 82 Abs. 3 AStBV (St) 2023, BStBl I 2023, 103, 128.
[5] § 46 Abs. 1 StGB; § 369 AO Rz. 85a.
[7] Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 153 StPO Rz. 4 m. w. N.
[8] Klaproth, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 391 AO Rz. 44a; Weber-Blank, wistra 1995, 134.
[9] Webel/Dumke, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 370 AO Rz. 153; Grimsel, in Adick/Bülte, Fiskalstrafrecht, 2. Aufl. 2019, 5. Einstellung nach § 398 AO, Rz. 71.
[10] Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 398 AO Rz. 104.
[11] Böttcher/Mayer, NStZ 1993, 153, 154; Siegismund/Wickern, wistra 1993, 81, 83f.

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