Rz. 32

Zwischen Erfolg und leichtfertigem Verhalten muss außer der Kausalität auch ein sog. Rechtswidrigkeits- oder Pflichtwidrigkeitszusammenhang bestehen. Folglich ist der Tatbestand des § 378 AO nicht erfüllt, wenn die konkrete leichtfertige Handlung den Erfolg zwar kausal herbeigeführt hat, aber bei sorgfältigem Verhalten der Erfolg ebenfalls eingetreten wäre.[1] Dementsprechend muss nach h. M. eine Verurteilung nach dem Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten) unterbleiben, wenn offen bleibt, ob bei sorgfältigem Verhalten derselbe Erfolg eingetreten wäre.[2]

 
Praxis-Beispiel

Bedient sich der Stpfl. eines Steuerberaters, so hat er dessen Arbeit u. a. stichprobenhaft zu überprüfen. Tut er dies nicht, so handelt er leichtfertig. Die ggf. eingetretene Steuerverkürzung ist ihm jedoch nicht allein deshalb zuzurechnen. Vielmehr muss positiv festgestellt werden, dass die Einhaltung der Sorgfalt (= Durchführung von Überwachungsmaßnahmen) gerade die eingetretene Steuerverkürzung verhindert hätte. Ist dies nicht zweifelsfrei nachzuweisen, so ist § 378 AO nicht anwendbar.[3]

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein entsprechender Nachweis häufig nicht möglich ist, da dem Stpfl. nur generelle Überwachungspflichten bzgl. der Zuverlässigkeit des Steuerberaters obliegen, jedoch keine auf bestimmte Geschäftsvorfälle bezogenen Überwachungspflichten. Es ist jedoch denkbar, dass in diesen Fällen § 130 OWiG eingreift.[4]

[1] BGH v. 13.11.2003, 5 StR 327/03, BGHSt 49, 1; Klein/Jäger, AO, 13. Aufl. 2016, § 378 Rz. 25; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 49ff.; Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 378 AO Rz. 86.
[2] BGH v. 27.4.1966, 2 StR 36/66, BGHSt 21, 59; BGH v. 25.9.1957, 4 StR 354/57, BGHSt 11, 1; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 49; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 21; Heuel, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 53.
[3] Heerspink, in Flore,/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 378 AO Rz. 103; Klein/Jäger, AO, 13. Aufl. 2016, § 378 Rz. 25; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 50.
[4] Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 378 AO Rz. 88; Heerspink, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 378 AO Rz. 103.

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