Rz. 372

Die Straffreiheit aufgrund der Selbstanzeigeerklärung tritt mit der fristgerechten Erfüllung der Nachentrichtungspflicht ein, wenn kein Ausschlussgrund nach § 371 Abs. 2 AO vorliegt. Eine fristgerechte Erfüllung liegt nur dann vor, wenn der aus der Tat verkürzte Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis und der diesbezügliche Zinsanspruch gem. §§ 235, 233a AO innerhalb der gesetzten angemessenen Frist nach § 47 AO erloschen ist.

 

Rz. 373

Der regelmäßige Erlöschensgrund dürfte die Zahlung – Bar- oder Scheckzahlung, Überweisung oder Erteilung einer Einzugsgenehmigung – sein, wobei die Vorschriften der §§ 224, 225 AO anzuwenden sind. Abweichend hiervon gehen allenfalls die Zurückweisung eines tatsächlichen Bareinzahlungsversuchs[1] und eine evtl. dadurch entstandene Fristüberschreitung nicht zulasten des Selbstanzeigenden.

 

Rz. 374

Für die verschiedenen Zahlungsarten sind allerdings die in § 224 Abs. 2 AO geregelten Entrichtungstage zu beachten. Im Hinblick auf die Zahlung per Überweisung bedeutet dies, dass gem. § 224 Abs. 2 Nr. 2 AO der Tag der Gutschrift auf dem Konto der Finanzbehörde maßgeblich ist und nicht etwa der Tag der Belastung des Kontos des Schuldners. Wird mittels Scheck bezahlt, so gilt die Zahlung gem. § 224 Abs. 2 Nr. 1 AO erst drei Tage nach dem Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde als geleistet. Der Scheck muss also bereits drei Tage vor Fälligkeit der Schuld übergeben werden oder so rechtzeitig übersandt werden, dass er drei Tage vor Fälligkeit bei der Finanzbehörde eingeht, er muss von der Finanzbehörde angenommen werden und die bezogene Bank muss den Scheck einlösen.[2]

 

Rz. 375

Die Nachentrichtungspflicht erfordert nicht, dass der Pflichtige die Leistung persönlich erbringt. Insoweit gilt uneingeschränkt § 48 Abs. 1 AO, wonach auch Dritte die Leistung bewirken können.[3] Die Leistung durch Dritte stellt keine Begünstigung oder Strafvereitelung dar.[4] Nicht ausreichend ist allerdings eine vertragliche Haftungsübernahme durch einen Dritten[5], da hierdurch der Anspruch noch nicht erlischt und die Finanzbehörde ihn erst zivilrechtlich geltend machen muss.

 

Rz. 376

Als weiterer Erlöschensgrund kommt auch eine innerhalb der Nachentrichtungsfrist erklärte rechtswirksame Aufrechnung[6] in Betracht. Mit Eintritt der Aufrechnungswirkung erlischt der Anspruch.[7] Das Erlöschen muss innerhalb der Frist erfolgen, sodass eine Aufrechnung mit zukünftig fällig werdenden Ansprüchen nicht möglich ist.[8] Unerheblich ist, ob die Aufrechnung vom Selbstanzeigenden, von einem Dritten oder von der Finanzbehörde selbst erklärt wird.

 

Rz. 377

Auch ein Erlass[9] kann theoretisch als Erlöschensgrund in Betracht kommen. Hierbei ist zu beachten, dass zugunsten des Selbstanzeigenden, der nicht Steuerschuldner, sondern nur Haftungsschuldner[10] ist, ein Erlass der Steuerschuld gem. § 191 Abs. 5 AO keine Rechtswirkung hat und demgemäß die Nachentrichtungspflicht nicht berührt. Nur ein Erlass seiner Haftungsschuld lässt die Nachentrichtungspflicht entfallen. Der Erlass der Haftungsschuld, wie der Erlass der Steuerschuld, wenn der Selbstanzeigende eigene Steuern hinterzogen hat, scheidet aber nach § 227 AO in aller Regel mangels Erlasswürdigkeit aus. Ein gleichwohl ausgesprochener Erlass bewirkt das Erlöschen der Schuld.[11]

Die Niederschlagung[12] der verkürzten Steuer hat mangels schuldtilgender Wirkung keinen Einfluss auf die Nachentrichtungspflicht.[13]

 

Rz. 378

Auch eine Sicherheitsleistung i. S. v. § 241 AO, z. B. eine Hinterlegung des verkürzten Steuerbetrags, erfüllt die Nachentrichtungspflicht i. S. v. § 371 Abs. 3 AO nicht[14], da ihr keine Erfüllungswirkung zukommt.

 

Rz. 379

Der jeweilige durch die einzelne Tat verkürzte Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis muss insgesamt erlöschen. Der Wortlaut des § 371 Abs. 3 S. 1 AO geht eindeutig davon aus, das die Straffreiheit nur eintritt, wenn der Tatbeteiligte die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern und die Zinsen i. S. d. § 371 Abs. 3 S. 1 AO vollständig entrichtet werden. Eine Teilleistung bewirkt – anders als nach dem Wortlaut des § 371 Abs. 3 AO a. F.: "insoweit" – keine teilweise Straffreiheit[15], führt regelmäßig aber zu einer Strafminderung.(Rz. 384ff.). Dasselbe gilt, wenn zwar die hinterzogene Steuer nachgezahlt wird, aber die angeforderten Hinterziehungszinsen nicht entrichtet werden.

Wirkt der Tatbeteiligte im Besteuerungsverfahren aber mit und zahlt die hinterzogene Steuer und die Zinsen zeitnah nahezu vollständig nach, so ist es durchaus vorstellbar, die Schuld des Beteiligten als gering anzusehen und zu einer Verwarnung mit Strafvorbehalt zu kommen.[16]

 

Rz. 380

Bezieht sich die Nachzahlungspflicht auf mehrere Steuerarten und reicht die fristgerecht geleistete Nachzahlung nicht zur Begleichung sämtlicher Steuerschulden aus, so ergibt sich die Reihenfolge der Tilgung aus dem Rechtsgedanken des § 366 Abs. 2 BGB bzw. § 225 AO. Trifft der Tatbeteiligte keine Tilgungsbestimmung, so ist die Nachzahlung zunächst auf die Steuerart anzurechnen, bei...

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