Rz. 229

§ 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1d AO stellt seit dem 1.1.2015 nur noch auf den Begriff des Amtsträgers und nicht mehr auf "Amtsträger der Finanzbehörde" ab. Folglich ist zunächst vom Begriff des Amtsträgers gem. § 7 AO bzw. § 11 Abs. 2 Nr. 2 StGB abzustellen. Es handelt sich somit insb. um Beamte und Richter nach deutschem Recht, also im Zusammenhang des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1d AO vor allem um Amtsträger der Finanzbehörde, Polizisten, Staatsanwälte und Richter. Diese Amtsträger müssen in ihrer Eigenschaft als Beamter oder Richter handeln und die Zuständigkeit zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit haben.

 

Rz. 230

Bei den Amtsträgern der Finanzbehörde, die mit strafrechtlichen oder bußgeldrechtlichen Ermittlungen betraut sind, handelt es sich i. d. R. um solche i. S. v. § 386 Abs. 1 AO, der Zollfahndungsämter sowie der gem. § 404 AO mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen.[1] Es kommen somit Steuer- und Zollfahndungsprüfer, Bedienstete der Bußgeld- und Strafsachenstellen sowie Beamte von Zollstreifen infrage, im Rahmen von Maßnahmen wegen Gefahr im Verzug kann es sich aber u. U. auch um andere Bedienstete der FÄ, insb. um Außenprüfer handeln. Beamte der Steuerfahndung bleiben auch "Amtsträger der Finanzbehörde", wenn sie in einem von der StA geführten Ermittlungsverfahren weisungsgebunden tätig sind, da sie organisatorisch immer noch der Finanzbehörde zugeordnet und lediglich "behördenfremden" Weisungen unterstellt sind.[2] Durch die Erwähnung der steuerlichen sowie der strafrechtlichen Ermittlungstätigkeit in § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1c und 1d AO erübrigt sich die exakte Bestimmung des Rechtscharakters der Fahndungstätigkeit nach § 208 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO, da in jedem Fall eine Sperrwirkung eingreift.

 

Rz. 231

Daneben erfasst § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1d AO nach seinem klaren Wortlaut aber auch andere Amtsträger, die mit Ermittlungen in Steuerstrafsachen oder Steuerordnungswidrigkeiten betraut sind. Obwohl der Gesetzgeber davon ausging, dass es sich bei der Verschiebung des Erscheinens eines Amtsträgers zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit in den neuen § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1d AO lediglich um eine redaktionelle Änderung handele, hat er doch durch die Auslassung des einschränkenden Terminus "der Finanzbehörde" hinter "Amtsträgern" nach dem jetzt eindeutigen Wortlaut der Norm den Kreis der Personen, deren Erscheinen einen Ausschlussgrund begründen, erweitert. Folglich können auch Strafrichter, Staatsanwälte und Polizeibeamte durch ihr Erscheinen eine Sperrwirkung auslösen, wenn sie im Rahmen ihrer Zuständigkeiten handeln. Es bedarf somit insoweit keines Rückgriffs mehr auf die Ausschlussgründe der Verfahrenseinleitung oder der Tatentdeckung.

[1] Klein/Jäger, AO, 15. Aufl. 2020, § 371 Rz. 121.
[2] LG Stuttgart v. 21.8.1989, 10 KLs 137/88, NStZ 1990, 190; Beckemper, in HHSp, AO/FGO, 245. Lfg. 11/17, § 371 AO Rz. 149; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 371 AO Rz. 252; Lüttger, StB 1993, 375; Dörn, Stbg 1993, 260; Burkhard, wistra 1998, 220;Wolsfeld, PStR 2006, 21; Klos, INF 1989, 244; a.  A. noch Rüping, in HHSp, AO/FGO, 230. Lfg. 11/14, § 371 AO Rz. 143; Teske, wistra 1990, 141; Felix, BB 1985, 1781.

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