Rz. 60

Die "Selbstanzeigehandlung" ist die "Richtigstellung" (Rz. 51), d. h. die Korrektur der Tathandlung nach § 370 AO, die zur Aufdeckung einer unbekannten Steuerquelle führt. Sind an der Tathandlung mehrere als Mittäter, Gehilfen oder Anstifter beteiligt (Rz. 28), so muss jeder nur seinen Tatbeitrag aufdecken und korrigieren, für den er nach § 370 AO bestraft werden könnte. § 371 AO erfordert für den Eintritt der strafbefreienden Wirkung nicht, dass ein Tatteilnehmer Tatteile aufdeckt, die er nicht kennt[1]. Zur Konkretisierung der "Selbstanzeige" sind nur die Darstellung des geleisteten Tatbeitrags und die Darstellung der dem Tatteilnehmer bekannten steuerlichen Auswirkungen erforderlich[2]. Zur Erlangung der Straffreiheit ist der Tatteilnehmer nicht verpflichtet, den Gesamtumfang der Steuerhinterziehung zu ermitteln oder gar die übrigen Tatteilnehmer, selbst wenn er sie kennen sollte, zur "Selbstanzeige" zu bewegen. Die weitere Ermittlung der dem Grunde nach aufgedeckten Steuerquelle ist Angelegenheit der Finanzbehörde.

 
Praxis-Beispiel

A weiß, dass H seinen Kunden 15 % "Rabatt" gewährt, wenn diese bei ihm Waren ohne Rechnung einkaufen und bar bezahlen. Er kauft 2009 für 5.000 EUR ein und rechnet für seine Buchführung die USt heraus, die er bewusst unzutreffend als Vorsteuer geltend macht. Vor einer USt-Sonderprüfung teilt er den Sachverhalt dem FA mit.

A wird sowohl hinsichtlich der eigenen USt-Hinterziehung durch Erschleichung einer unberechtigten Vorsteueranrechnung straffrei als auch hinsichtlich einer möglichen Tatbeteiligung an einer Steuerhinterziehung des H, da er den Umfang seiner Tatbeteiligung im Rahmen seines Kenntnisstands vollständig aufdeckt.

[1] Theil, BB 1983, 1274, 1276; Schauf, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 65.2; Rüping, in HHSp, AO/FGO, § 371 AO Rz. 90, 91; Kemper, in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, § 371 AO Rz. 29a.
[2] OLG Hamburg v. 21.11.1985, 1 Ss 108/85, wistra 1986, 116 m. abl. Anm. Bublitz, wistra 1986, 117, 118; Blesinger, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 19. Aufl. 2008, § 371 AO Rz. 8; Joecks, in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl. 2009, § 371 AO Rz. 62, 63.

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