Rz. 153

Soweit die Verhängung einer Freiheitsstrafe (vgl. Rz. 143ff.) zur Ahndung der Straftat nicht geboten erscheint und der gesetzliche Strafrahmen dies alternativ zulässt, ist als mildere Strafe[1] eine Geldstrafe zu verhängen. Ist die Geldstrafe uneinbringlich, so tritt nach § 43 StGB die Ersatzfreiheitsstrafe an ihre Stelle, wobei ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe entspricht. Die zeitlichen Beschränkungen nach §§ 38 Abs. 2 und 39 StGB gelten insoweit nicht, so dass das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 43 S. 3 StGB einen Tag beträgt.

 

Rz. 154

Die Verhängung der Geldstrafe erfolgt nach dem Tagessatzsystem. Die Höhe der Geldstrafe ergibt sich aus der Multiplikation der in EUR festgesetzten Tagessatzhöhe (vgl. Rz. 156ff.) mit der festgesetzten Zahl der Tagessätze (vgl. Rz. 155). Im Rahmen des Tagessatzsystems kann die Höhe der Geldstrafe nicht durch eine Korrektur unter dem Gesichtspunkt des Übermaßes reduziert werden, sofern der höchstmögliche Tagessatz (vgl. Rz. 156) nicht überschritten wird.

Gemäß § 40 Abs. 4 StGB müssen im Urteil bzw. Strafbefehl die Höhe und die Zahl der Tagessätze genannt werden, während eine ausdrückliche Nennung des Gesamtbetrags nicht erforderlich, aber zweckmäßig ist.[2]

 

Rz. 155

Nach § 40 Abs. 1 S. 2 StGB beträgt die Zahl der Tagessätze mindestens 5 und höchstens 360 bzw. bei einer für mehrere Taten zu bildenden Gesamtstrafe[3] höchstens 720.

 

Rz. 156

Die Höhe des Tagessatzes wird auf mindestens 1 EUR und höchstens 30.000 EUR festgesetzt.[4] Innerhalb dieses Rahmens bestimmt sich die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Tatbeteiligten.[5] Für Sozialhilfeempfänger werden meist 8 bis 10 EUR und für Empfänger des Arbeitslosengeldes II 15 EUR angenommen.

 

Rz. 157

Ausgangspunkt ist nach § 40 Abs. 2 S. 2 StGB i. d. R. das durchschnittliche Nettoeinkommen des Tatbeteiligten, das dieser pro Tag erzielt oder erzielen könnte. Maßgeblich ist somit die Gesamtheit der geldwerten Leistungen einschließlich der Sachbezüge. Dieses Nettoeinkommen ist nicht im steuerlichen, sondern im strafrechtlichen Sinn zu verstehen.

Für die Berechnung der Einkommenshöhe kann jedoch weitgehend auf die für die steuerliche Einkommensermittlung maßgebenden Regeln zurückgegriffen werden, soweit die einschlägigen Bestimmungen des Steuerrechts darauf abzielen, die Einkommenshöhe nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln.[6] Außer Betracht bleiben steuerrechtliche Bestimmungen, die aus anderen Gründen Teile des Einkommens für die Bestimmung unberücksichtigt lassen. Steuerfreibeträge sind als Nettoeinkommen zu rechnen. Von den Einkünften abzuziehen sind hingegen die laufenden Steuern, außergewöhnliche Belastungen[7], bei Unselbständigen die Sozialversicherungsbeiträge und Werbungskosten, bei Selbständigen Betriebsausgaben und Verluste. Bei nicht sozialversicherungspflichtigen Tätern sind auch Lebens- und Krankenversicherungsbeiträge zu berücksichtigen.[8] Abschreibungen sind einkommensmindernd zu berücksichtigen, soweit reale Leistungspflichten bestehen.[9] Sie sind hingegen nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, wenn ihnen keine reale Einkommensminderung entspricht.[10] Auch Rückstellungen sind auf ihre Angemessenheit zu prüfen, allerdings sind unternehmerische Entscheidungen vom Gericht grundsätzlich hinzunehmen, sofern ihre Unangemessenheit nicht offensichtlich ist. Verluste, die zur Vermögensbildung mithilfe der Steuerersparnis dienen, z. B. aus Bauherrenmodellen, sind wie im Unterhaltsrecht nicht einkommensmindernd.[11] Einkommensmindernd sind stets geleistete Unterhaltszahlungen, nicht hingegen die geschuldeten oder vom Gericht als angemessen erachtete Beträge.[12] Weitere Abzüge z. B. für Spenden, Geldstrafen und Bußgelder, Miete, Leasingraten, Darlehen oder Zins- und Tilgungsleistungen (z. B. für ein Eigenheim) sind nicht vorzunehmen.[13]

 

Rz. 158

Das erzielbare fiktive Nettoeinkommen ist der Bestimmung des Tagessatzes dann zugrunde zu legen, wenn tatsächliche Einkünfte zur Erfassung mit der Geldstrafe nicht zur Verfügung stehen und der Tatbeteiligte zumutbare Erwerbsmöglichkeiten unbegründet nicht wahrnimmt.[14]

Nach § 40 Abs. 3 StGB ist auch das Vermögen zu berücksichtigen, dies allerdings wohl nur eingeschränkt.[15] Die Bemessung des Tagessatzes nach dem Nettoeinkommen bleibt regelmäßig aber auch dann erforderlich, wenn ein außergewöhnlich hohes Vermögen besteht.[16] Verfügt der Täter über erhebliches Vermögen, so ist dies jedoch bei der Festsetzung des Tagessatzes angemessen zu berücksichtigen, damit die Strafe für den Täter fühlbar ist.[17]

 

Rz. 159

Das Nettoeinkommen ist vom Gericht zu ermitteln. In Steuerstrafsachen hindert das Steuergeheimnis gem. § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO die Finanzbehörde nicht an der Offenbarung der steuerlichen Einkommensverhältnisse.[18] Ist eine gesicherte Erkenntnis dem Gericht nicht möglich oder steht der Ermittlungsaufwand in keinem Verhältnis zur zu erwartenden Geldstrafe, so kann das Gericht nach § 40 Abs. 3 StGB das Nettoein...

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