Rz. 4

Der Inhalt der Einspruchsentscheidung ist – wie generell bei Verwaltungsakten – soweit erforderlich der Auslegung fähig. Diese erfolgt nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB nicht nur unter Berücksichtigung seines Wortlauts, sondern unter Würdigung seines gesamten Inhalts und der Gesamtumstände. Dabei ist entscheidend, wie der Adressat selbst nach den ihm bekannten Umständen – seinem "objektiven Verständnishorizont" – den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Kommen mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht, ist im Zweifel das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus ihrer Sphäre nicht benachteiligt werden darf.[1]

 

Rz. 5

Bei einer Anfechtung mehrerer Verwaltungsakte oder durch verschiedene Einspruchsführer sind mehrere Einspruchsverfahren anhängig, über die grds. getrennt entschieden werden muss. Es ist aber – in den in § 30 AO durch das Steuergeheimnis gezogenen Grenzen – möglich, die Entscheidung über mehrere Einsprüche in einer Einspruchsentscheidung zusammenzufassen, z. B. bei mehreren Steuerarten oder mehreren Veranlagungszeiträumen.[2] Jede Entscheidung stellt dabei einen selbstständigen Verwaltungsakt dar, der mit einer Klage angefochten werden kann.

[1] BFH v. 29.11.2005, IX R 54/04, BFH/NV 2006, 1241; BFH v. 15.1.2015, X B 104/14, BFH/NV 2015, 466; Bartone, in Gosch, AO/FGO, § 366 AO Rz. 14; Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 366 Rz. 3.
[2] Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 366 Rz. 4.

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