Rz. 100

Nach der gesetzlichen Formulierung "kann" eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Das hierdurch der Finanzbehörde grundsätzlich eingeräumte Ermessen wird unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips durch den Zweck der AdV eingeschränkt.[1] Liegt neben den übrigen Antragsvoraussetzungen einer der Aussetzungsgründe (s. Rz. 75, 86) vor, so ist die vorläufige Entbindung von der Leistungspflicht geboten (s. Rz. 5). Diese gesetzlich erlangte Rechtsposition kann nur dann eingeschränkt werden, wenn durch die Gewährung der AdV ein Steuerausfall zu befürchten wäre (s. Rz. 99). Das Verlangen einer Sicherheitsleistung ist also nur im Ausnahmefall zweckgerecht, wenn ein besonderer Grund vorliegt.[2] Sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Durchsetzung des Anspruchs im Fall des Unterliegens im Hauptsacheverfahren gefährdet wäre, ist die AdV regelmäßig ohne Sicherheitsleistung zu gewähren.[3] Auch wenn ein besonderer Grund vorliegt, besteht für die Finanzbehörde keine Verpflichtung zur Anforderung der Sicherheitsleistung.[4]

Gemäß Art. 45 Abs. 3 HS. 1 UZK ist regelmäßig die AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, wenn die angefochtene Entscheidung die Erhebung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bewirkt. Diese Sicherheitsleistung braucht nach Art. 45 Abs. 3 HS. 2 UZK jedoch nicht gefordert zu werden, wenn eine derartige Forderung aufgrund der Lage des Schuldners zu ernsten Schwierigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art führen könnte.

 

Rz. 101

Die Anordnung der Sicherheitsleistung ist ermessensfehlerhaft, wenn im Zeitpunkt der AdV-Entscheidung feststeht, dass die Vollstreckung des angefochtenen Verwaltungsakts bereits aussichtslos ist.[5] Die Sicherheitsleistung soll nämlich lediglich ausschließlich vor einer Verschlechterung der Vermögenslage schützen (s. Rz. 99).

Eine Sicherheitsleistung darf auch nicht angeordnet werden, wenn die Gestellung dem Antragsteller bei den vorhandenen wirtschaftlichen Verhältnissen trotz äußerster Anstrengung nicht möglich ist.[6]

 

Rz. 102

Bei der Ermessensausübung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist nicht gerechtfertigt, wenn eine Vollziehung nicht erfolgen wird, weil die Entscheidung mit Gewissheit oder großer Wahrscheinlichkeit zugunsten des Einspruchsführers bzw. Klägers ausfallen wird.[7] Gelingt der Finanzverwaltung keine hinreichende Sachverhaltsaufklärung, sind vielmehr ihre Feststellungen widersprüchlich, sodass eine Subsumption Schwierigkeiten bereitet, wäre eine Auferlegung von Sicherheiten ermessensfehlerhaft.[8] Eine Sicherheitsleistung ist aber auch nicht anzuordnen, wenn die Erfolgsaussichten zwar nicht entsprechend sicher sind, aber die wirtschaftlichen Verhältnisse des Stpfl. nicht besorgen lassen, dass der Fiskus mit seinem Anspruch ausfallen könnte.[9]

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