Rz. 93

Durch § 361 Abs. 2 S. 4 AO wird der Inhalt der AdV beschränkt, als grundsätzlich Vorauszahlungen und anzurechnende Steuerabzugsbeträge nicht erstattet werden.[1] Diese Beschränkung greift nicht, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist, mithin soll eine Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Antragstellers abgewendet werden.[2] Solche wesentlichen Nachteile sind eine Bedrohung der wirtschaftlichen oder persönlichen Existenz des Antragstellers aber auch wenn ansonsten erhebliche Grundrechtsbeeinträchtigungen zu besorgen wären, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden können.[3]

Hingegen sind Zinsverluste, eine Kreditaufnahme, Investitionsrückstellungen oder Beschränkung des Lebensstandards in diesem Zusammenhang unerheblich.[4]

Nach § 361 Abs. 2 S. 1, 4 AO kann die Aufhebung oder Aussetzung teilweise erfolgen.[5] Nur eine Teilaussetzung darf erfolgen, wenn z. B. die Rechtmäßigkeit nur hinsichtlich eines Teils des festgesetzten Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis zweifelhaft ist.[6]

 

Rz. 94

Bestehen ernsthafte Zweifel hinsichtlich der insgesamt vom Stpfl. zu erbringenden Leistung, so muss die AdV in vollem Umfang gewährt werden (wegen der Einschränkung bei Steuerbescheiden s. Rz. 26). Der Finanzbehörde ist insoweit kein Ermessensspielraum eingeräumt.[7] Die Höhe der ausgesetzten Beträge ist exakt von der Finanzbehörde zu berechnen und zu bezeichnen.[8]

 

Rz. 95

Die Aussetzungswirkung tritt grundsätzlich erst mit Bekanntgabe der AdV-Entscheidung (s. Rz. 108) ein. Die Finanzbehörde ist jedoch auch befugt, die Aussetzung rückwirkend auszusprechen (Aufhebung der Vollziehung) und damit bereits eingetretene Rechtswirkungen der Vollziehbarkeit zu beseitigen.[9]

 

Rz. 96

Die AdV kann mit einem Widerrufsvorbehalt[10] ergehen.[11]

Die AdV kann auch mit einer Befristung gem. § 120 Abs. 2 Nr. 1 AO versehen werden, längstens bis zur Bestands- bzw. Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache.[12]

[1] Vgl. auch Rz. 27; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 361 AO Rz. 13; Hardtke, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 361 AO Rz. 47; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 361 Rz. 40ff.; Dißars, in Zugmaier/Nöcker/Dißars, AO, § 361 AO Rz. 36; ausführlich AEAO zu § 361 Nr. 4.6.1 mit Beispielen.
[2] S. auch Rz. 35a; Dißars, in Zugmaier/Nöcker/Dißars, AO, § 361 AO Rz. 36; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 361 AO Rz. 13; Hardtke, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 361 AO Rz. 48; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 361 Rz. 43; AEAO zu § 361 Nr. 4.6.1 mit Beispielen.
[3] Rätke in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 361 Rz. 43.
[4] Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 361 Rz. 43.
[6] BFH v. 16.10.1991, I B 227, 228/90, BFH/NV 1992, 341.
[8] AEAO zu § 361 Nr. 4 ff. mit Berechnungsbeispielen.
[9] S. Rz. 28; Hardtke, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 361 AO Rz. 51ff.; Dißars, in Zugmaier/Nöcker/Dißars, AO, § 361 AO Rz. 31.
[11] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 361 AO Rz. 9.
[12] S. Rz. 22b; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 361 AO Rz. 9; Dißars, in Zugmaier/Nöcker/Dißars, AO, § 361 AO Rz. 68.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge