Rz. 68

Voraussetzung der AdV ist ferner die Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts.[1] Bei nicht vollziehbaren Verwaltungsakten kann ein Antrag nach § 114 FGO auf einstweilige Anordnung in Betracht kommen.[2]

 

Rz. 68a

Der AdV-Antrag ist nur zulässig, solange der Verwaltungsakt noch vollziehbar ist. Die aus dem Verwaltungsakt resultierende Pflicht darf noch nicht erfüllt oder aus einem sonstigen Grund erloschen sein (zur Vollziehbarkeit von Vorauszahlungsbescheiden s. Rz. 27, 28). Anderenfalls kann die Vollziehungswirkung nur durch eine Aufhebung nach § 361 Abs. 2 S. 3 AO beseitigt werden (s. Rz. 29). Vollziehbare Verwaltungsakte i. d. S. sind alle Verwaltungsakte, die eine steuerliche Pflicht zur Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung feststellen oder begründen, insbesondere alle Bescheide, in denen einzelne Besteuerungsgrundlagen, der Steueranspruch oder der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung festgesetzt werden, oder Verwaltungsakte, mit denen der festgesetzte Anspruch angefordert wird.[3]

Dabei bedeutet Vollziehbarkeit die Verwirklichung des Verwaltungsakts.[4] Regelmäßig ist damit die AdV im Anwendungsbereich der Anfechtungsklage statthaft, ausnahmsweise bei negativen Gewinnfeststellungsbescheiden auch im Fall eines Verpflichtungsbegehrens.[5]

 

Rz. 69

Rechtsprechungsbeispiele für vollziehbare Verwaltungsakte:

  • Grundlagenbescheid (s. Rz. 36), da dieser durch Erlass des Folgebescheids vollzogen wird[6];
  • Steuerbescheide über 0 EUR, die einen vorhergehenden Steuerbescheid über einen negativen Betrag ändern; anders verhält sich dies bei der erstmaligen Steuerfestsetzung auf 0 EUR, wenn der Stpfl. die Festsetzung einer negativen Steuer begehrt, hier ist kein vollziehbarer VA gegeben[7];
  • Bescheide, welche den Vorbehalt der Nachprüfung aufheben[8];
  • Widerruf einer Stundung[9];
  • Mitteilung über die Buchführungspflicht nach § 141 AO[10];
  • Anordnung der Betriebsprüfung, also die Prüfungsanordnung[11];
  • Leistungsgebote [12];
  • Arrestanordnung[13];
  • selbstständig anfechtbare Vollstreckungsmaßnahmen wie z. B. die Pfändungs- und Einziehungsverfügung[14];
  • Antrag der Finanzbehörde auf Eintragung einer Sicherungshypothek[15];
  • Antrag der Finanzbehörde auf Zwangsversteigerung[16];
  • Anrechnungsverfügung[17];
  • Vorauszahlungsbescheide bis zum Erlass des Jahressteuerbescheids.[18]
  • Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung.[19]
 

Rz. 69a

Ein Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO), in dem das Bestehen eines Anspruchs festgestellt wird, ist ein vollziehbarer Verwaltungsakt.[20] Nicht vollziehbar ist demgegenüber ein Abrechnungsbescheid, der lediglich die Nichttilgung des Anspruchs feststellt.[21]

 

Rz. 70

Nicht vollziehbar sind demgegenüber Verwaltungsakte, deren Inhalt in der Ablehnung einer Regelung besteht[22], z. B.:

  • Nichtanerkennung der Gemeinnützigkeit[23];
  • Ablehnung einer abweichenden Steuerfestsetzung nach § 163 AO[24];
  • Ablehnung einer Fristverlängerung;
  • Ablehnung eines Erlassantrags[25];
  • Ablehnung eines Stundungsantrags[26];
  • Ablehnung der Änderung von Verwaltungsakten[27];
  • Ablehnung einer Kindergeldfestsetzung[28];
  • Ablehnung eines Antrags auf verbindliche Auskunft[29];
  • Steuerbescheide, die auf eine negative Steuerschuld lauten, wenn der Stpfl. eine Erhöhung des negativen Betrags begehrt[30];
  • Auch das Benennungsverlangen nach § 160 AO ist kein vollziehbarer VA, da dies nur eine bloße Vorbereitungshandlung zum Erlass eines Verwaltungsakts darstellt[31];
  • Kein vollziehbarer VA ist auch ein Aufteilungsbescheid nach § 279 AO (strittig).[32]
 

Rz. 71

Vollziehbar ist, abweichend von diesem Grundsatz (s. Rz. 70), die Ablehnung von Grundlagenbescheiden, sodass gegen diesen "negativen Grundlagenbescheid" vorläufiger Rechtsschutz durch AdV zu gewähren ist (s. Rz. 38).

Vollziehbar ist auch die völlige oder teilweise Ablehnung eines LSt-Freibetrags[33]

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