Rz. 36

Der Grundlagenbescheid[1] ist ein vollziehbarer Verwaltungsakt (s. Rz. 21, 69), da die Behörde verpflichtet ist, den Regelungsinhalt – ohne erneute Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis – in den Folgebescheid zu übernehmen und diesen ggf. zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern.[2] § 361 Abs. 3 S. 1 AO dehnt die AdV-Wirkung bzw. die Wirkung der Aufhebung der Vollziehung vom Grundlagenbescheid auf den Folgebescheid aus, d. h. von Amts wegen hat die Finanzbehörde auch AdV bezüglich des Folgebescheides zu gewähren.[3]

Wenn die Finanzbehörde dieser Verpflichtung indes im Hinblick auf den Folgebescheid nicht nachkommt, ist allerdings das Rechtsschutzbedürfnis für einen entsprechenden Antrag vor dem FG gegeben.[4]

 

Rz. 37

Wird ein Grundlagenbescheid erlassen, dessen Regelungsinhalt vom Inhalt der Steuererklärung abweicht, so kann vorläufiger Rechtsschutz durch AdV gewährt werden. Dies gilt auch, wenn ein erklärter Verlust nicht vollständig anerkannt oder zwischen den Feststellungsbeteiligten abweichend von der Erklärung verteilt wird.[5]

 

Rz. 38

Wird der Erlass eines Grundlagenbescheids vollständig abgelehnt, also ein "negativer Grundlagenbescheid" erlassen, so ist auch vorläufiger Rechtsschutz durch AdV zu erlangen.[6]

 

Rz. 39

Auch wenn ein Grundlagenbescheid zwar erlassen, aber teilweise für einen oder mehrere Verfahrensbeteiligte die Feststellungsbeteiligung verneint (z. B. mangels Mitunternehmerstellung) wird – sogenannter kombinierter negativer Grundlagenbescheid – , ist "im Interesse eines übersichtlichen vorläufigen Rechtsschutzes" einheitlich AdV zu gewähren.[7]

 

Rz. 40

Wird ein Grundlagenbescheid durch einen späteren Grundlagenbescheid geändert, so ist zweifelsfrei vorläufiger Rechtsschutz hinsichtlich des ändernden Grundlagenbescheids durch AdV zu gewähren, allerdings nur soweit die Änderung reicht (s. Rz. 59a). Hierbei ist es unerheblich, ob nunmehr der Gewinn höher oder der Verlust niedriger festgestellt[8] oder eine Feststellungsbeteiligung abgelehnt wird.[9]

 

Rz. 41

Mit der AdV des Grundlagenbescheids kann nicht verhindert werden, dass die Finanzbehörde den Folgebescheid erlässt, wie sich aus § 361 Abs. 3 S. 2 AO ergibt, wohl greift dann § 361 Abs. 3 S. 1 AO, sodass für den Folgebescheid AdV in dem Umfang, wie diese für den Grundlagenbescheid erfolgte, zu gewähren ist.[10] Auch kann der Antrag auf AdV des Grundlagenbescheids nicht mit Einwendungen begründet werden, die sich gegen den Folgebescheid richten.

[2] § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO; Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 361 Rz. 127.
[3] Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 361 Rz. 126; FG des Landes Sachsen-Anhalt v. 5.5.2006, 3 V 866/05, EFG 2006, 1340; Kraus, NWB 2009, 853, 859 dies gilt auch, wenn der Folgebescheid unanfechtbar ist.
[8] BFH v. 28.11.1973, IV B 33/73, BStBl II 1974, 220; BFH v. 10.11.1977, IV B 33–34/76, BStBl II 1978, 15.
[10] S. Rz. 36; Dißars, in Zugmaier/Nöcker/Dißars, AO, § 361 AO Rz. 48; Klein/Rüsken, AO, 16. Aufl. 2022, § 361 Rz. 82.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge