Rz. 9

Abs. 3 unterwirft die Vermögensverwalter, denen unter Ausschluss des Eigentümers oder seines gesetzlichen Vertreters die Verwaltung des gesamten bzw. eines Teils des Vermögens zusteht, für den Verwaltungsbereich den Pflichten des Abs. 1. Die vom Eigentümer rechtsgeschäftlich übertragene Vermögensverwaltung gehört nicht hierher, da sie dem Vermögensverwalter nicht "zusteht".[1] Wegen dieser Formulierung, die auf eine rechtsgeschäftlich übertragene Vermögensverwaltung nicht passt, brauchte die Bemerkung "nach Gesetz, Anordnung der Behörde oder letztwillige Verfügung" des § 104 RAO nicht in den § 34 AO übernommen zu werden. Die rechtsgeschäftlich eingesetzten Vermögensverwalter können u. U. unter § 35 AO fallen.[2]

Für die Anwendung des Abs. 3 kommen die durch ein Gericht, eine Behörde oder letztwillige Verfügung eingesetzten Vermögensverwalter in Betracht. Die Vermögensverwalter nach Gesetz[3] fallen als gesetzliche Vertreter bereits unter Abs. 1. Da sie dort bewusst mit erfasst sind, kann Abs. 3 nur als Ergänzungsregelung gesehen werden, die die gesetzlichen Vertreter nicht noch einmal erfassen soll.[4]

Abs. 3 gilt für:

  • Nachlassverwalter.[5]
  • Insolvenzverwalter[6] und vorläufige Insolvenzverwalter[7]; vgl. hierzu Rz. 18.
  • Konkursverwalter.[8]
  • Zwangsverwalter.[9]
  • Testamentsvollstrecker.[10]
  • Sequester, die vom Konkursgericht für die Zeit des Verfahrens über den Konkursantrag nach § 106 Abs. 1 S. 2 KO einstweilen eingesetzt wurden, wenn das Konkursgericht ein allgemeines Veräußerungsverbot an den Schuldner erlassen sowie die Herausgabe der Geschäftsunterlagen an den Sequester und die Übernahme des Geschäftsbetriebes durch diesen angeordnet hat. Da dem Sequester aber auch in einem solchen Fall keine umfassenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse zustanden, sondern er nur die zur Erhaltung der Masse und zur Erreichung des Konkurszwecks notwendigen Maßnahmen zu treffen hatte[11], konnte der Sequester nur insoweit als Vermögensverwalter angesehen werden, als er entsprechende Rechte hatte. Das war u. U. für die Abgabe von Anmeldungen und Voranmeldungen, nicht dagegen für Zahlungen anzunehmen.[12] Für den Sequester kam bei Pflichtverletzungen eine Haftung auch in entsprechender Anwendung des § 82 KO in Betracht.[13] Ähnlich der Stellung des Sequesters ist seit 1.1.1999 die des vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 22 InsO ausgestaltet. Weitergehend als beim Sequester geht jedoch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über, wenn dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird. (sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter).
  • Zwangsverwalter (§§ 150, 152 ZVG; vgl. Rz. 17; BFH v. 23.6.1988, V R 203/83, BStBl II 1988, 920), gerichtlich bestellte Liquidatoren.[14] Sie sind entgegen Boeker[15] keine gesetzlichen Vertreter. Sie haben lediglich die Aufgabe einer bestimmten Art der Vermögensverwaltung.
  • Testamentsvollstrecker.[16]
  • Der Vergleichsverwalter nach der früheren VerglO (Verfahrensbeginn vor dem 1.1.1999) fiel nicht unter den Begriff des Vermögensverwalters, da seine Aufgaben nach §§ 39, 40 VerglO (insbesondere Prüfung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners und Überwachung dessen privater Ausgaben) anderer Art waren.
  • Der Sachverwalter nach §§ 91ff. VerglO war kein Vermögensverwalter i. S. d. Abs. 3.[17] Er konnte aber – wie der Vergleichsverwalter – Verfügungsberechtigter i. S. v. § 35 AO sein.[18]
[1] Ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 34 AO Rz. 13; a. A. Ramackers, in Gosch, AO/FGO, § 34 AO Rz. 14.
[2] So auch Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 34 AO Rz. 13, Boeker, in HHSp, AO/FGO, § 34 AO Rz. 40; Klein/Rüsken, AO, 14. Aufl. 2018, § 34 Rz. 21.
[3] Z. B. Eltern für das Kindesvermögen, Vormunde für das Mündelvermögen, Pfleger nach §§ 1909ff., 1960 BGB, Betreuer im Fall der Betreuung, §§ 1896ff. BGB.
[4] A. A. Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 34 AO Rz. 13 und beiläufig BFH v. 15.3.1994, XI R 45/93, BStBl II 1994, 600; dagegen wie hier BFH v. 12.11.1992, IV B 83/91, BStBl II 1993, 265.
[8] Für die Zeit vor dem 1.1.1999; §§ 6, 78, 117 KO.
[11] BGH v. 22.12.1982, VIII ZR 214/81, MDR 1983, 399.
[13] BGH v. 29.9.1988, IX ZR 39/88, MDR 1989 S. 156; s. auch Vor §§ 69—77 AO Rz. 65b.
[15] In HHSp, AO/FGO, § 34 AO Rz. 37.
[17] Ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 34 AO Rz. 15.

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