Rz. 19

§ 32i Abs. 1 S. 2 AO bestimmt in gewissen Fallgestaltungen – abweichend vom Grundsatz Finanzrechtsweg –, dass es bei dem sich aus dem BDSG ergebenden Rechtsweg verbleiben soll.[1]

 

Rz. 20

Dies hat folgenden Hintergrund: Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder die Strafvollstreckung ist die DSGVO nicht anzuwenden. Die Regelungen zum Schutz der personenbezogenen Daten sind insoweit in einem eigenen Unionsrechtsakt einer Richtlinie[2] geregelt. Ziel der Richtlinie ist es, für den Datenschutz in den Bereichen Polizei und Justiz lediglich eine Mindestharmonisierung innerhalb der EU herbeizuführen. Sie bildet die Grundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten in diesem Bereich. Im Gegensatz zur DSGVO handelt es sich hierbei jedoch nur um eine Richtlinie. Diese schränkt den nationalen Gesetzgeber nicht so stark ein, wie eine EU-Verordnung. Der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung der Richtlinie größere Spielräume. Die Richtlinie ist jedoch zwingend national umzusetzen. Aufgrund der entsprechenden Bundes- und Landesbehörden in Polizei- und Justizbereich ist eine Umsetzung durch den Bundes- und den Landesgesetzgeber erforderlich. Der Bundesgesetzgeber hat bereits im Zuge der Anpassung des BDSG an die DSGVO auch die Richtlinie für den Bereich Justiz und Polizei umgesetzt. Das neue BDSG hat insoweit eine Zwitterstellung. Zum einen werden die sich aus der DSGVO ergebenden Regelungsaufträge umgesetzt, zum anderen erfolgt die vollständige Umsetzung der Richtlinie im ersten[3] und dritten Teil des BDSG. Soweit der Anwendungsbereich der Richtlinie eröffnet ist, werden alle Streitigkeiten dem Verwaltungsrechtsweg zugewiesen.

 

Rz. 21

Werden die Finanzbehörden also als Strafverfolgungsbehörden tätig, dann gilt für sie insoweit nicht mehr die DSGVO, sondern die Richtlinie für den Bereich Polizei und Justiz. Um in diesem Bereich eine einheitliche Rechtsanwendung und Auslegung zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber auch in § 32i Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 2a Abs. 4 AO eine Ausnahme von der Zuständigkeit der FG vorgesehen. § 2a Abs. 4 AO bestimmt, dass in diesen Fällen der erste und dritte Teil des BDSG anzuwenden ist. Für Rechtsstreitigkeiten bei der Verarbeitung von nach § 30 AO geschützten personenbezogenen Daten ist somit der Verwaltungsrechtsweg nach § 20 BDSG gegeben, wenn die Finanzbehörden als Strafverfolgungsbehörden fungieren.[4]

[2] Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates.
[3] Z. B. im Hinblick auf die Datenschutzaufsicht und den Rechtsweg (§§ 20, 61 BDSG).
[4] BFH v. 7.4.2020, II B 82/19, BStBl II 2020, 624; FG Baden-Württemberg v. 30.9.2019, 10 K 1493/19, Haufe-Index I14174270; VG Würzburg v. 17.9.2021, W 10 K 20.1059; Krumm, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 32i Rz. 4.

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