1 Allgemeines

 

Rz. 1

Vorgängerbestimmung des § 323 AO war § 373 RAO.[1] Eine entsprechende Regelung für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht gibt es nicht. Ausführungen zur Vollstreckung gegen den Rechtsnachfolger finden sich auch in Abschn. 47 VollstrA.[2] § 323 AO hat lediglich deklaratorischen Charakter, da der Norminhalt letztlich bereits aus der Systematik des Vollstreckungsrechts nach der AO folgt. In der Bestimmung wird bei einer Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen dargelegt, wann es eines Duldungsbescheids gegen einen Rechtsnachfolger bedarf und wann nicht.[3]

[1] Zur Rechtshistorie s. Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 323 AO Rz. 1.
[2] BStBl I 1980, 112.
[3] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 323 AO Rz. 3f.

2 Anwendungsbereich

2.1 Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen

 

Rz. 2

§ 323 AO trifft eine Regelung ausschließlich für die Vollstreckung wegen einer Geldforderung. Dies ist ein auf eine Geldleistung gerichteter Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis. Ferner muss die Vollstreckung wegen der Geldforderung nach dem Wortlaut der Bestimmung in das unbewegliche Vermögen erfolgen. Für eine solche Vollstreckung kommen in Betracht:

  • bei Grundstücken und gleichgestellten Vermögensgegenständen die Sicherungshypothek;
  • bei Schiffen und gleichgestellten Vermögensgegenständen die Schiffshypothek;
  • bei Luftfahrzeugen und gleichgestellten Vermögensgegenständen das Registerpfandrecht.

Diesen drei Rechten ist gleich, dass sie dem Gläubiger zwar kein direktes Recht zur Befriedigung seines Anspruchs geben, wohl aber ein dingliches Sicherungsrecht mit einem bestimmten Rang an dem Vermögensgegenstand einräumen. Nach § 323 S. 2 AO gilt für den Fall einer Zwangsverwaltung die Bestimmung des § 323 S. 1 AO entsprechend. Diese gibt es jedoch nur bei Grundstücken, da es eine Zwangsverwaltung bei Schiffen und Flugzeugen nicht gibt.[1]

[1] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 323 AO Rz. 11.

2.2 Erlangung des Sicherungsrechts im Vollstreckungsweg

 

Rz. 3

§ 323 AO betrifft nur den Fall, dass die Sicherungsrechte des Vollstreckungsgläubigers im Weg der Vollstreckung erlangt worden sind. Die Bestimmung gilt aber auch für die Arresthypothek nach § 324 AO.[1] Keine Anwendung findet § 323 AO nach dem ausdrücklichen Wortlaut hingegen, wenn das Sicherungsrecht aufgrund eines Rechtsgeschäfts erworben worden ist.[2]

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 323 AO Rz. 1.
[2] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 323 Rz. 3; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 323 AO Rz. 5; Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 323 AO Rz. 3; Koenig/Zöllner, AO, 3. Aufl. 2014, § 323 Rz. 2.

2.3 Einzelrechtsnachfolge

 

Rz. 4

Wichtig ist es zu beachten, dass in § 323 AO nur der Fall geregelt wird, in dem der Gegenstand im Weg der Einzelrechtsnachfolge auf den Erwerber übergegangen ist. Vollzieht sich der Eigentumserwerb hingegen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge, also insbesondere in Erb- und Umwandlungsfällen, tritt der Gesamtrechtsnachfolger mit allen Rechten und Pflichten in die Rechtstellung des Vollstreckungsschuldners ein.[1] Der Erwerber wird also Vollstreckungsschuldner, wenn die Vollstreckung zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs bereits begonnen hatte. Nach § 254 Abs. 1 S. 3 AO ist in diesem Fall nur der Erlass eines Leistungsgebots erforderlich, nicht der Erlass eines Duldungsbescheids.[2]

[1] Vgl. § 45 AO; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 323 AO Rz. 1.
[2] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 323 AO Rz. 1.

3 Durchführung der weiteren Vollstreckung

3.1 Verfügungsrecht des Vollstreckungsschuldners

 

Rz. 5

Die Erlangung des Sicherungsrechts bewirkt für den Vollstreckungsschuldner zunächst nicht, dass er an einer Verfügung über den Gegenstand gehindert wäre.[1] Eine rechtliche Bindung ergibt sich erst aufgrund der Verwertungsmaßnahmen, da dann eine Verstrickung eintritt. Der Vollstreckungsschuldner darf also auch nach der Begründung des Sicherungsrechts das Eigentum an dem zur Sicherheit dienenden Vermögensgegenstand übertragen. Allerdings erwirbt der Erwerber des Gegenstands belastetes Eigentum, da das Sicherungsrecht nicht entfällt. Insbesondere kommt ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb nicht in Betracht.

[1] Hohrmann, in HHSp, AO/FGO, § 323 AO Rz. 5.

3.2 Verwertungsrecht der Vollstreckungsbehörde

 

Rz. 6

Die Erlangung des Sicherungsrechts gibt der Finanzbehörde noch kein Recht zur Verwertung des Vermögensgegenstands. Mit dem Sicherungsrecht erwirbt die Finanzbehörde zunächst nur einen Rang. Erst mit dem Pfändungspfandrecht entsteht bei einer Vollstreckung in das bewegliche Vermögen ein Verwertungsrecht. Bei der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen folgt das Verwertungsrecht aus der Anordnung der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung. Wird die Schuld, die durch die dingliche Sicherheit gesichert wird, nicht erfüllt, kann die Verwertung erfolgen.

4 Duldungspflicht des Erwerbers

 

Rz. 7

Der Erwerber der belasteten Sache hat, da es hier einen gutgläubigen lastenfreien Erwerb nicht gibt, den Vollstreckungsgegenstand, belastet mit dem Sicherungsrecht, erworben. Mit diesem Erwerb ist der Erwerber zwar nicht zur Erfüllung der Schuld des Vollstreckungsschuldners verpflichtet. Er ist aber nach § 1147 BGB verpflichtet, die Vollstreckung in den belasteten Vermögensgegenstand zu dulden. Allerdings hat der Erwerber nach § 1142 BGB das Recht, die Vollstreckung abzuwenden.[1]

[1] Palandt/Herrler, BGB, 79. Aufl. 2020, § 1142 BGB Rz. 1; a....

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