2.1 Voraussetzungen

 

Rz. 2

Die Vollstreckung wegen einer Geldforderung des Vollstreckungsgläubigers[1] in das bewegliche Vermögen des Vollstreckungsschuldners kann in Geldforderungen[2], in Sachforderungen[3] und in alle anderen Vermögensrechte erfolgen. Grundlage für die Vollstreckung in die anderen Vermögensrechte sind zunächst auch insoweit die in §§ 309ff. AO getroffenen Regelungen. § 321 AO regelt in den folgenden Absätzen nur Verfahrensbesonderheiten, die sich aus dem anderen Inhalt des Rechts ergeben.[4]

2.2 Andere Vermögensrechte

2.2.1 Negative Abgrenzung

 

Rz. 3

Die Bestimmung der "anderen Vermögensrechte", für deren Pfändung § 321 AO anwendbar ist, erfolgt nach dem Wortlaut der Bestimmung durch negative Abgrenzung: § 321 AO ist eine Vorschrift, die dem Bereich der Vollstreckung in das bewegliche Vermögen zugeordnet ist. Daraus folgt, wie auch § 321 Abs. 1 AO hervorhebt, dass Rechte, die nach § 321 AO zu pfänden sind, nicht der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen dürfen. Zu den "anderen Vermögensrechten" i. S. v. § 321 AO gehören ferner nicht Ansprüche auf Geldleistungen, die nach §§ 309312 AO gepfändet werden, und nicht Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von Sachen, die nach § 318 AO gepfändet werden.

2.2.2 Vermögensrechte

 

Rz. 4

Bei den nach § 321 AO zu pfändenden Vermögensrechten ist zunächst erforderlich, dass sie den Charakter eines Rechts haben. Aufgrund dieser zwingenden Voraussetzung scheiden alle tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zustände oder Verhältnisse – auch wenn diese mit einem Mittelzufluss im Zusammenhang stehen – aus, wie z. B. die Stellung als Alleinerbe oder künftiger Vermächtnisnehmer.[1]

 

Rz. 5

Erforderlich ist ferner ein vermögensrechtlicher Inhalt des Rechts, d. h., die Rechte müssen einen Geldwert haben. Damit sind Persönlichkeitsrechte, Namensrechte oder familienrechtliche Ansprüche nicht pfändbar, da deren Veräußerung nicht zu einem Erlös führen kann.[2] Hingegen kann eine Internet-Domain unter § 321 AO fallen.[3] Auch öffentlich-rechtliche Befugnisse gegenüber einer Behörde oder einem Gericht auf Vornahme einer Verfahrenshandlung, z. B. Erlass einer Entscheidung oder Eintragung in ein Register, sind nicht pfändbar.[4] Dies gilt auch für die Firma eines Einzelkaufmanns[5]

Ebenso scheidet die Pfändung einfacher Handlungsmöglichkeiten ohne eigenen Geldwert aus, z. B. des Kündigungsrechts oder des Rechts zum Widerruf der Schenkung[6], zur Aufhebung eines Vertrags oder zur Abtretung eines Rechts. Solche Handlungsmöglichkeiten oder "Gestaltungsrechte" sind als Hilfs- oder Nebenrecht, das der Durchsetzung des Anspruchs dient, mit dem Anspruch untrennbar verbunden und nur mit diesem zusammen nach den für die Pfändung des Anspruchs geltenden Bestimmungen pfändbar.[7] Eingeschränkt pfändbar ist das Jagdrecht.[8]

 

Rz. 6

Die Vermögensrechte müssen zudem rechtlich selbstständig sein. Unselbstständige Nebenrechte sind nicht vom Hauptrecht zu trennen und demgemäß auch nur zusammen mit diesem pfändbar. Hierzu zählen z. B. die akzessorischen Sicherungsrechte (Bürgschaft, Pfandrecht, Hypothek) und Rechte, die Bestandteil einer Sache oder eines Rechts sind, z. B. der Rangvorbehalt[9], aber insbesondere auch Gestaltungsrechte.[10]

[1] Becker, in Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 857 ZPO Rz. 2.
[2] Hessisches FG v. 16.4.1996, 4 K 182/93, EFG 1998, 331; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 321 AO Rz. 3.
[4] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 321 AO Rz. 3.
[5] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 321 AO Rz. 8.
[7] S. Rz. 6; vgl. FG Nürnberg v. 3.2.1987, II 37/86, EFG 1987, 597 m. w. N.
[10] S. a. die Aufstellungen pfändbarer anderer Rechte bei Koenig/Fritsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 321 Rz. 3ff.; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 321 AO Rz. 4ff.

2.2.3 Unveräußerliche Vermögensrechte

 

Rz. 7

Unveräußerliche Rechte sind nach § 319 AO i. V. m. § 851 ZPO in ihrem Bestand unpfändbar. Nach 321 Abs. 3 AO ist ein solches unveräußerliches Recht aber insoweit pfändbar, als die Rechtsausübung einem anderen überlassen werden kann.[1] Dies trifft überall zu, wo die Rechtsausübung oder Nutzung nicht notwendig an die Person des Vollstreckungsschuldners gebunden ist. Hierzu zählen z. B. insbesondere der Nießbrauch und die beschränkt persönliche Dienstbarkeit.[2] Miet- und Pachtrechte sind, sofern nichts anderes vereinbart ist, persönliche und damit auch in der Ausübung nicht übertragbare Rechte.[3]

[1] Loose, in Tipke/Kruse,, AO/FGO, § 321 AO Rz. 11; Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 321 AO Rz. 20f.
[2] §§ 1059 S. 2, 1192 Abs. 1 S. 2 BGB; s. auch Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 321 Rz. 4.
[3] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 321 AO Rz. 20.

2.2.4 Pfändbarkeit

 

Rz. 8

§ 321 AO setzt ferner voraus, dass das Vermögensrecht pfändbar ist.[1] Wegen der Beispiele für pfändbare Vermögensrechte s. Rz. 15ff.

[1] Beermann, in HHSp, AO/FGO, § 321 AO Rz. 9f.

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