Rz. 1

§ 31c AO wurde durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften[1] mit Wirkung ab 25.5.2018 in die AO eingefügt. Das Inkrafttreten orientierte sich daran, dass ab dem 25.5.2018 in allen Mitgliedstaaten der EU die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)[2] anzuwenden ist. Die DSGVO ist gesetzestechnisch als "Verbot mit Erlaubnisvorbehalt" konzipiert, so dass rechtmäßige Datenverarbeitungen immer einer Erlaubnis aus der DSGVO selbst oder aus einer nationalen Regelung bedürfen, anderenfalls sind sie "datenschutzwidrig" und damit rechtswidrig.[3] Die Grundnorm dafür hat der Gesetzgeber in § 29b AO geschaffen.[4]

 

Rz. 2

§ 31c AO regelt die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener "steuerlicher" Daten zu statistischen Zwecken. Die Vorschrift stellt keine eigenständige (ergänzende) Öffnungsnorm wie oder in Entsprechung zu § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO dar. Es wird vertreten, bei § 31c AO handele es sich – neben der datenschutzrechtlichen Relevanz – ungeachtet der Orientierung an und in Ergänzung des § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO um eine eigenständige Norm i. S. d. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO zur Einschränkung des Steuergeheimnisses.[5] Diese Auffassung stellt auf die durch § 31c AO erfolgende Erlaubnis der Nutzung "sensibler Daten" entgegen dem generellen datenschutzrechtlichen Verbot der Verarbeitung derartiger Daten aus Art. 9 Abs. 1 DSGVO (vgl. dazu Rz. 18) ab und sieht § 30 Abs. 10 AO nicht als abschließende Norm zur Öffnung des Steuergeheimnisses für die besonderen Kategorien personenbezogener Daten.

Betrachtet man dagegen aber die Steuergeheimnisbezogenheit personenbezogener Daten insgesamt, wird diese Rechtsauffassung hinterfragbar. Für sie spricht zwar, dass für die Auslegung einer Norm auch deren systematische Stellung innerhalb des Gesetzes heranzuziehen ist.[6] Dann müsste § 31c AO aber (zumindest auch) ein eigenständiger Regelungsbereich als Öffnungsnorm zum Steuergeheimnis zukommen, was bei bloßer Betrachtung "sensibler Daten" zwar der Fall ist, nicht aber, wenn man die Öffnungsnormen des § 30 Abs. 4 AO als (zunächst) auf (alle) personenbezogenen Daten bezogen betrachtet, die für "sensible Daten" einer "begleitenden Erlaubnis" aus § 30 Abs. 10 AO bedürfen. Die Regelung des § 31c AO dürfte gegenüber der in Bezug zu nehmenden öffnenden Grundnorm nicht nur ergänzende Einschränkungen für die Nutzung "sensibler Daten" vorsehen.[7] Vielmehr müsste die Norm selbst gegenüber den übrigen Öffnungstatbeständen zur Einschränkung der Verpflichtung zur Einhaltung des Steuergeheimnisses aus § 30 Abs. 2 AO geeignet und bestimmt sein.

 

Rz. 2a

Diesen eigenständigen Regelungsbereich des § 31c AO zur Einschränkung des Steuergeheimnisses wird man mit Blick auf § 30 Abs. 10 AO verneinen müssen.[8] Vielmehr beschränkt die Regelung des § 30 Abs. 10 AO, wenn sie kumulierend das Vorliegen eines Öffnungstatbestands nach § 30 Abs. 4 oder Abs. 5 AO ergänzend zur Regelung des § 31c AO fordert[9], dessen Anwendungsbereich auf solche Öffnungstatbestände, für die auch für sonstige personenbezogene Daten eine Öffnung des Steuergeheimnisses erfolgt. Eine bloße Bezugnahme auf § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO genügt diesbezüglich schon deshalb nicht, weil § 30 Abs. 4 AO eine statistikbezogene eigene Einschränkungsnorm für das Steuergeheimnis für die Verarbeitung/Verwertung personenbezogener Daten insgesamt als spezielle Regelung enthält. Dementsprechend ergibt sich die Einschränkung des Regelungsrahmens des § 31c AO aus § 30 Abs. 2b AO (s. dazu Rz. 21). Man wird die Verarbeitung personenbezogener Daten für statistische Zwecke deshalb unmittelbar aus § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO, für "sensible Daten" (Rz. 17) eröffnet und zugleich eingeschränkt durch § 30 Abs. 10 AO i. V. m. § 31c AO, herleiten müssen.[10] Der Öffnungsbereich des § 31c AO reduziert sich damit trotz seines weiter gefassten Wortlauts auf den des § 30 Abs. 2b AO, womit auch ein einheitlicher Umgang mit steuerlich geschützten Daten für statistische Zwecke eröffnet wird (Rz. 16, 21). Einen neben § 30 Abs. 10 AO eröffneten und damit weitergehenden Regelungsgehalt zur Öffnung des Steuergeheimnisses weist § 31c AO dagegen nicht auf.[11] In Betrachtung des Schutzzwecks als Öffnungsnorm für "sensible Daten" kann keine Öffnung des Steuergeheimnisses vorstellbar sein, die besondere Kategorien personenbezogener Daten – und nur insoweit greift die Regelung des § 31c AO – einem geringeren Schutz unterwirft, als "normale" personenbezogene Daten (Rz. 20). Daten, die ihrem Wesen nach hinsichtlich der Grundrechte und Grundfreiheiten besonders sensibel sind, verdienen einen besonderen zusätzlichen und ergänzenden Schutz, da im Zusammenhang mit ihrer Verarbeitung erhebliche Risiken für die Grundrechte und Grundfreiheiten auftreten können.[12]

Dazu stellt Art. 9 Abs. 1 DSGVO klar, dass die sehr allgemeinen und hochabstrakten Erlaubnistatbestände in Art. 6 Abs. 1 DSGVO nicht für besondere Kategorien personenbezogener Daten ausreichen[13], sondern es einer besonderen "begleitenden" Öffnung über ...

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