Rz. 103

§ 30 Abs. 4 Nr. 2c AO regelt die Offenbarungs- und Verwertungsbefugnis für Zwecke der Gesetzesfolgenabschätzung und wurde mit Wirkung vom 25.5.2018 in die Regelung zum Steuergeheimnis eingefügt.[1] Damit wollte der Gesetzgeber – nach der Gesetzesbegründung – nur klarstellend den Anforderungen der DSGVO Rechnung tragen.[2] Auch für den Bereich der Gesetzesfolgenabschätzung[3] ging der Gesetzgeber davon aus, einen gesonderten Offenbarungs- und Verwertungstatbestand schaffen zu müssen, damit die Weitergabe und Weiterverarbeitung der geschützten Daten nicht am Steuergeheimnis scheitert. Da die datenschutzrechtliche Regelung in § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 5 AO nicht als Erlaubnisnorm auf das Steuergeheimnis durchschlägt, bedurfte es der ergänzenden gesonderten Öffnungsklausel in § 30 Abs. 4 Nr. 2c AO, die eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses insoweit zulässt, wie die datenschutzrechtliche Regelung die Weiterverarbeitung erlaubt.[4] Die Verwendung der geschützten Daten für Zwecke der Gesetzesfolgenabschätzung ist also dann erlaubt, wenn für diesen Zweck unveränderte Daten benötigt werden[5] oder wenn eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung[6] nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich[7] ist.[8]

 

Rz. 104

Dessen ungeachtet ist aber grundsätzlich sicherzustellen und davon auszugehen, dass die für eine Gesetzesfolgenabschätzung benötigten Daten wie bisher weitestgehend unkenntlich gemacht werden.[9] Dies ist, soweit möglich, schon zur Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich. Eine Unkenntlichmachung kann etwa durch Löschung bzw. den Verzicht auf die Weiterleitung der Steuernummer, der Steueridentifikationsnummer[10], des Namens und der Anschrift erfolgen. Eine hinreichende fehlende Zuordenbarkeit der übermittelten Daten kann allerdings nicht in jedem Fall gewährleistet werden.[11]

 

Rz. 105

Auffallend ist, dass der Tatbestand nicht auf die Folgenabschätzung für Steuergesetze beschränkt ist. Die Öffnungsklausel des § 30 Abs. 4 Nr. 2c AO entfernt sich also von einem sachlichen Zusammenhang mit der Datenerhebung für Zwecke eines Verfahrens in Steuersachen.[12]

[1] Gesetz v. 17.7.2017, BGBl I 2017, 2541.
[2] BT-Drs. 18/12611, 90.
[3] Vgl. dazu Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 30 AO Rz. 116.7.
[4] Myßen/Kraus, DB 2017, 1860, 1867; Klein/Rüsken, AO, 16. Aufl. 2022, § 30 Rz. 150.
[6] Legal definiert in Art. 4 Nr. 5 DSGVO.
[8] Koenig/Pätz, AO, 4. Aufl. 2021, § 30 Rz. 190; Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 30 Rz. 116.8.
[9] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 30 AO Rz. 107c.
[11] Myßen/Kraus, DB 2017, 1860, 1867; Tormöhlen, in Gosch, AO/FGO, § 30 AO Rz. 116.8.
[12] Anders als z. B. § 88a S. 2 AO, der die Zulässigkeit der Verarbeitung der geschützten Daten ausdrücklich auf Steuerzwecke begrenzt.

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