Rz. 91

Einige Normen der bundesgesetzlichen Öffnung des Steuergeheimnisses über § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO sind unmittelbar in der AO geregelt. So enthält § 31 AO die Befugnis zur Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen an Körperschaften des öffentlichen Rechts und Religionsgemeinschaften sowie von geschützten Daten der betroffenen Person an die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung, der Bundesagentur für Arbeit und der Künstlersozialkasse, soweit die Kenntnisse für die Feststellung der Versicherungspflicht oder die Festsetzung von Beiträgen einschließlich Künstlersozialabgabe erforderlich sind. Grundsätzlich besteht für diese Informationen eine Mitteilungspflicht.[1]

§ 31a AO sieht die Befugnis zur Mitteilung von Umständen vor, die zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, von Verletzungen des AFG und von unzulässigen Arbeitnehmerüberlassungen oder für die Entscheidung über die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Erstattung, Weitergewährung oder Belassung einer Leistung aus öffentlichen Mitteln oder das Geltendmachen eines Anspruchs auf Rückgewähr einer Leistung aus öffentlichen Mitteln von Bedeutung sind.[2] Inzwischen ist hier auch die Öffnung zur strafrechtlichen Ahndung erweiternd geregelt.[3]

§ 31b AO erlaubt bestimmte Mitteilungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Seit dem Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche[4], mit dem zwar keine Anpassung des Gesetzeswortlauts des § 31b AO, wohl aber eine erhebliche Ausweitung seines Regelungsbereichs durch die nunmehr weitgehend schrankenlose Ausgestaltung des Straftatbestands der Geldwäsche in § 261 StGB verbunden war, ist auch der Regelungsbereich des § 31b AO weitgehend uferlos.[5] Mit dem Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz[6] wurden in § 31b AO besondere Bereitstellungs- und Abrufbefugnisse von geschützten Daten aus dem Besteuerungsverfahren in den § 31b AO eingefügt.[7]

I. Ü. beschränken sich die §§ 31 bis 31b AO auf die Mitteilung der Daten.

Es dürfte – zumindest in Teilbereichen – sinnvoll sein, andere Formen der Verwertung zu den genannten Zwecken zu ermöglichen. Insbesondere zu den §§ 31a und 31b AO fehlt zumindest derzeit aber noch die ausdrückliche Befugnis zur Verwertung der geschützten Daten. Insoweit ist die Rechtsänderung in § 30 Abs. 4 AO zum 25.5.2018[8] noch nicht nachvollzogen.[9]

§ 31c AO[10] eröffnet dagegen im Rahmen der Regelungen zu § 30 Abs. 4 Nr. 2b AO für besondere Kategorien personenbezogener Daten i. S. d. Art. 9 DSGVO die Verarbeitung durch Finanzbehörden zu statistischen Zwecken in Ergänzung der Regelung des § 30 Abs. 10 AO (Rz. 143 f.) und wirkt damit nicht im Zusammenspiel mit § 30 Abs. 2 AO als eigenständige Öffnungsnorm.[11]

§ 51 Abs. 3 S. 3 AO i. V. m. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO regelt die Offenbarungsberechtigung geschützter Daten aus dem Besteuerungsverfahren gegenüber der Verfassungsschutzbehörde, wenn im Rahmen der Prüfung steuerbegünstigter Zwecke einer Körperschaft Anhaltspunkte erkennbar sind, die den Verdacht von Bestrebungen i. S. d. § 4 BVerfSchG oder des Zuwiderhandelns gegen den Gedanken der Völkerverständigung begründen. Dies ist etwa bei ausländerfeindlichen Spendensammelvereinen der Fall.[12]

Mit dem Jahressteuergesetz 2020[13] wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2024 die Regelung des § 60b AO für ein Zuwendungsempfängerregister geschaffen. In diesem werden beim BZSt Daten gespeichert, die für die Steuerbefreiung einer Körperschaft und damit für deren Berechtigung als steuerbegünstigter Spendenempfänger maßgebend sind. Das BZSt ist nach § 60b Abs. 4 S. 1 AO befugt, diese Daten auch Dritten, insbesondere Spendern, zu offenbaren, wobei der Gesetzgeber in § 60b Abs. 4 S. 2 AO zudem ausdrücklich – im Blick auf S. 1 i. V. m. § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO nur deklaratorisch – geregelt hat, dass § 30 AO der Offenbarungsberechtigung nach S. 1 nicht entgegensteht.[14]

Nach § 191 Abs. 2 AO ist in Haftungsfällen nach § 69 AO und nach § 411 AO vor dem Erlass eines Bußgeldbescheids gegen einen Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer[15] der zuständigen Berufskammer Gelegenheit zum Vorbringen ihr wichtig erscheinender Gesichtspunkte zu geben. Zu diesem Zweck dürfen die Finanzbehörden die notwendigen Informationen liefern.

Zur Auskunftserteilung im Rahmen zwischenstaatlicher Rechts- und Amtshilfe in Steuersachen halten die §§ 117 bis 117c AO eine umfangreiche Regelung bereit (vgl. die Kommentierung dort). Amtshilfe kann aufgrund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen (insbesondere Doppelbesteuerungsabkommen), innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union sowie des EU-Amtshilfegesetzes geleistet werden[16], darüber hinaus unter enumerativ aufgeführten Voraussetzungen nach pflichtgemäßem Ermessen auch in anderen Fällen.[17] Das EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG) v. 26.6.2013[18] hat die Zusammenarbeitsrichtlinie mit Wirkung zum 1.1.2013 in nationales Recht umgesetzt. Es gilt (nur) für den Auskunftsverkehr im Verhältn...

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