Rz. 21

Erlaubt ist die Verarbeitung der personenbezogenen Daten nach § 29b Abs. 1 AO nur, wenn sie zur Erfüllung der dort genannten Verarbeitungszwecke erforderlich ist. Dabei ist nach Art. 6 Abs. 4 DSGVO die Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich nur für den Zweck möglich, für den die Daten erhoben wurden. Ohne Einwilligung des Stpfl. ist eine Weiterverarbeitung der Daten nicht zulässig, wenn diese Weiterverarbeitung nicht ihrerseits durch eine Rechtsgrundlage gedeckt ist. Vor diesem Hintergrund kommt der Frage, für welchen Zweck die Daten erhoben werden, eine weitreichende Bedeutung zu. So verlangt der Grundsatz der Transparenz[1], dass die betroffene Person zu jedem Zeitpunkt wissen oder in Erfahrung bringen können muss, ob und welche sie betreffenden personenbezogenen Daten von wem, in welcher Form und in welchem Umfang für welche Zwecke, derzeit und künftig noch verarbeitet werden.[2]

 

Rz. 22

Denkbar erscheint, dass Zweck und Umfang der Verarbeitung aus Sicht der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgen, vernünftigerweise zu beurteilen sind, wobei die tatbestandlich durch die zu verarbeitenden Daten zu füllenden Rechtsgrundlagen aus Sicht der betroffenen Person als bekannt zu unterstellen sind.[3]

Die Verfasser der DSGVO bejahen unter diesen Voraussetzungen das Vorliegen eines öffentlichen Interesses des Verantwortlichen an der Datenverarbeitung, das das Schutzinteresse der betroffenen Person überwiegt.[4]

Daten, die statische Sachverhalte belegen (z. B. Adresse, Anzahl der Kinder, Bankverbindung) können daher neben dem steuerlichen Verwaltungsverfahren, für das sie erklärt wurden, auch in Verwaltungsverfahren für spätere Veranlagungszeiträume verwendet werden, ohne dass dies eine Weiterverarbeitung darstellen würde.

 

Rz. 23

Werden Daten in Situationen verarbeitet, in denen die betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen muss, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen mit der Folge überwiegen, dass die Verarbeitung dieser Daten nicht durch § 29b AO gerechtfertigt wäre. Hieran ist stets zu denken, wenn die Finanzbehörden im Zuge des originär durchzuführenden Verfahrens Daten erheben, die sie – ggf. auch erst nach Ausübung eines Verwaltungsermessens – in einem anderen Verfahren verarbeiten und die betroffene Person auf diese Möglichkeit weder hingewiesen wurde, noch dies der betroffenen Person auf sonstige Weise hätte bekannt sein müssen. Dies kann z. B. im Zuge einer nach § 196 AO durchgeführten und für den betrieblichen Bereich nach Maßgabe des § 193 Abs. 1 AO angeordneten Außenprüfung relevant werden, wenn dabei nach dem GrEStG relevante Sachverhalte[5] bekannt werden. Vergleichbares gilt, wenn sich im Rahmen einer Außenprüfung herausstellt, dass Betriebsausgaben durch Rechnungen belegt wurden, nach deren äußerem Erscheinungsbild Zweifel an der Existenz des Ausstellers oder der steuerlichen Deklaration als Einnahmen berechtigt sind. Werden diese Erkenntnisse Gegenstand eines zu initiierenden Kontrollmitteilungsverfahrens, ist davon auszugehen, dass der betroffenen Person die Einleitung dieser (Folge-)Verfahren im Zuge der Außenprüfung nicht bewusst gewesen ist. Die Zulässigkeit der (Weiter-)Verarbeitung kann sich dann aber aus § 29c AO ergeben.

Von einer erwartbaren Datenverarbeitung ist z. B. dann auszugehen, wenn im Falle einer bewusst unzutreffenden Steuererklärung die Weitergabe an die Strafsachenstelle veranlasst wird. Wegen der allseits bekannten Strafdrohung im Fall einer vorsätzlichen Steuerverkürzung wird man die Übermittlung zum Zwecke der strafrechtlichen Beurteilung noch als durch § 29b AO gedeckt ansehen dürften.

 

Rz. 24

Entsprechend der von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b) DSGVO vorgenommenen Legaldefinition von sogenannten mit dem Zweck der Datenverarbeitung kompatiblen Zwecken stellt die Verwendung der Daten für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke keine zweckändernde Verarbeitung dar.

 

Rz. 25

Da § 29c AO in großem Maße Rechtsgrundlagen für die zweckändernde Weiterverarbeitung der Daten geschaffen hat, wird die Frage, wie der Zweck der Datenerhebung im Rahmen der datenschutzrechtlichen Beurteilung der Datenverarbeitung zu definieren ist, in der weit überwiegenden Zahl der Fälle eher akademischer Natur sein, da im Falle einer Überschreitung des Zwecks sich die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Weiterverarbeitung jedenfalls aus § 29c AO herleiten lässt.[6]

Jedenfalls aber werden Verstöße gegen die Wahrung des Steuergeheimnisses, für die nach der in § 29c Abs. 1 Nr. 2 AO enthaltenen Systematik zugleich keine Rechtsgrundlage für die Offenlegung bestanden hat, neben der strafrechtlichen auch einer datenschutzrechtlichen Sanktion[7] zugeführt werden können.

Rz. 26 einstweilen frei

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