Rz. 2

Inhaltlich stellt § 292 AO dar, wie der Vollstreckungsschuldner die Pfändung durch einen Vollziehungsbeamten abwenden kann. Wer Vollstreckungsschuldner ist, bestimmt sich nach § 253 AO. § 292 AO gilt dabei nur für die Fälle, in denen eine Vollstreckung in Sachen erfolgt, und kann nur gegenüber einem Vollziehungsbeamten geltend gemacht werden. Eine analoge Anwendung von § 292 AO auf die Forderungspfändung scheidet aufgrund der eindeutigen systematischen Stellung der Vorschrift im Abschnitt, der die Vollstreckung in Sachen regelt, aus.[1]

 

Rz. 3

Über den eigentlichen Wortlaut des § 292 AO hinaus findet diese Bestimmung aber auch Anwendung im Rahmen der Verwertung von bereits gepfändeten Sachen. Gemäß § 296 Abs. 1 Hs. 2 AO findet § 292 AO entsprechende Anwendung bei der Verwertung von gepfändeten Sachen. Auch in diesem Stadium kann der Vollstreckungsschuldner noch durch die in § 292 AO genannten Maßnahmen die Verwertung der gepfändeten Sache abwenden.[2]

 

Rz. 4

Erbringt der Vollstreckungsschuldner einen der Nachweise des § 292 AO oder zahlt er den Betrag an den Vollziehungsbeamten, hat dies zur Folge, dass der Vollziehungsbeamte die Pfändung nicht mehr durchführen darf. Die Zahlung gegenüber dem Vollziehungsbeamten hat dabei nach § 47 AO das Erlöschen der Steuerforderung zur Folge. Wird die Handlung nur hinsichtlich eines Teilbetrags des geschuldeten Betrags vorgenommen, bleibt die Pfändungs- oder Wegnahmemöglichkeit für den verbleibenden Betrag gleichwohl bestehen.[3] Werden dabei keine Dispositionen hinsichtlich der Verwendung eines Teilbetrags seitens des Stpfl. getroffen, wozu dieser nach § 225 Abs. 1 AO berechtigt ist, ist nach § 225 Abs. 2 AO vorzugehen.

 

Rz. 5

Ein Verstoß gegen § 292 AO eröffnet die Möglichkeit eines Einspruchs nach § 347 Abs. 1 AO.[4] Die Vollstreckung ist also anfechtbar, aber nicht nichtig. In Betracht kann aber u. U. ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG kommen, der vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist.

[1] Ebenso Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 292 Rz. 3; a. A. Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 292 AO Rz. 7; Koenig/Fritsch, AO, 3. Aufl. 2014, § 292 Rz. 2; einschränkend Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 292 AO Rz. 1; Fischer, in Leopold/Madle/Rader, AO, § 292 AO Rz. 1.
[2] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 292 AO Rz. 6.
[3] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 292 AO Rz. 8.
[4] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 292 AO Rz. 9; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 292 AO Rz. 27; Fischer, in Leopold/Madle/Rader, AO, § 292 AO Rz. 10.

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