Rz. 3

§ 286 AO gilt, wie sich aus der Stellung der Norm in der AO ergibt, nur für die Vollstreckung in bewegliche Sachen[1] Sachen sind nach § 90 BGB körperliche Gegenstände, die selbstständig und gegen andere Gegenstände abgegrenzt sind.[2] Diese Sachen müssen für eine Anwendung des § 286 AO beweglich sein, sodass Grundstücke und Grundstücksbestandteile keine Sachen i. S. d. Norm sind. Sachen i. d. S. sind allerdings auch die Scheinbestandteile nach § 95 BGB (z. B. Einbauten oder Bauwerke eines Mieters oder Pächters eines Grundstücks, wenn diese nach Beendigung des Vertragsverhältnisses entfernt werden müssen; Pflanzen einer Baumschule; aufgrund einer Dienstbarkeit o. Ä. errichtete Gebäude). Soweit diese Sachen keine Grundstücke sind und nicht wie Grundstücke behandelt werden (z. B. Erbbaurecht), handelt es sich um bewegliche Sachen. Nicht der Pfändung durch Vollziehungsbeamte unterliegen hingegen wesentliche Bestandteile eines Grundstücks, die nicht nur Scheinbestandteile sind. Diese unterliegen der Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen nach § 322 AO. Eine Pfändung unbeweglicher Sachen durch den Vollziehungsbeamten ist nichtig und bringt kein Pfändungspfandrecht zum Entstehen.

 

Rz. 4

Ebenfalls zu den selbstständigen beweglichen Sachen gehören unwesentliche Bestandteile und Zubehör. Dagegen sind Bruchteile von Sachen (Miteigentum nach Bruchteilen) selbst keine Sachen, sondern Vermögensrechte nach § 321 AO. Ebenfalls keine Sache ist eine Sachgesamtheit, die eine rechtlich unbeachtliche Zusammenfassung von mehreren Einzelsachen ist. Nicht unter diesen engen Begriff der eigentlichen Sachen fallen Gegenstände, die wie Sachen behandelt werden, wie z. B. Wertpapiere[3] und Früchte auf dem Halm.[4] Rechtlich, und damit auch für die Vollstreckung, werden diese Gegenstände jedoch wie Sachen behandelt. Bei Computerprogrammen stellt sich die Frage der Einordnung als Sache oder als ein Recht. Hier wird man mit der wohl allgemeinen Auffassung anzunehmen haben, dass Standardprogramme als bewegliche Sachen anzusehen und somit nach § 286 AO zu pfänden sind, während Individualsoftware als anderes Vermögensrecht nach § 321 AO gepfändet wird.[5]

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 286 AO Rz. 7.
[2] Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 90 BGB Rz. 1ff.; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 286 AO Rz. 1
[4] Wesentliche Bestandteile, §§ 294, 304 AO.
[5] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 286 AO Rz. 7; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 286 AO Rz. 1; eingehend Roy/Palm, NJW 1995, 690.

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