1 Allgemeines

 

Rz. 1

§§ 210ff. AO regeln die Befugnisse der Finanzbehörden zur Durchführung der in § 209 AO umschriebenen besonderen Steueraufsicht und die Pflichten des von einer Maßnahme der Steueraufsicht Betroffenen. Die besondere Steueraufsicht dient der laufenden Kontrolle des Umgangs mit abgabenpflichtigen Waren, außerhalb eines einzelnen Besteuerungsverfahrens und außerhalb einer Außenprüfung.[1]

 

Rz. 2

Maßnahmen der besonderen Steueraufsicht hemmen nicht den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 und 5 AO. Der Wortlaut der Abs. 4 und 5 setzt voraus, dass mit einer Außenprüfung oder mit den Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen durch die Zollfahndung begonnen wurde. Die Steueraufsicht ist ein eigenständiges – von der Außenprüfung und der Ermittlung der Zollfahndung zu trennendes – Verfahren, solange nicht zur Außenprüfung nach § 210 Abs. 4 AO übergegangen wird. Erst der schriftliche Hinweis auf den Übergang der Außenprüfung entfaltet die ablaufhemmende Wirkung nach § 171 Abs. 4 AO.

Steueraufsichtsmaßnahmen sind keine steuerliche Prüfung i. S. d. § 371 Abs. 2 Nr. 1 AO, die die Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung ausschließt.

 

Rz. 3

§ 210 AO regelt die Befugnis zur Nachschau während der Geschäfts- und Arbeitszeiten (Abs. 1), zur Verdachtsnachschau ohne zeitliche Einschränkung (Abs. 2) sowie zum Anhalterecht von Schiffen und anderen Fahrzeugen (Abs. 3). Befugnisse zu besonderen Aufsichtsmaßnahmen regelt § 213 AO, Befugnisse zur Sicherstellung im Aufsichtsweg ergeben sich aus § 215 AO und zur Überführung der nach § 215 AO sichergestellten Sachen in das Eigentum des Bundes aus § 216 AO.

Die Pflichten des von einer Maßnahme der Steueraufsicht Betroffenen sind in § 211 AO geregelt. Zur Stellung des Beauftragten des Betroffenen regelt § 214 AO die Voraussetzungen und die Möglichkeit, einen nicht Betroffenen als Steuerhilfsperson zu bestellen, ermöglicht § 217 AO.

 

Rz. 4

Zuständig für die Steueraufsichtsmaßnahmen sind die hierzu von der Finanzverwaltung betrauten Amtsträger der Bundeszollverwaltung.[2] Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 23 AO.

[1] Zur Trennung der Verfahren vgl. BFH v. 25.4.1985, IV R 10/85, BFHE 143, 302.

2 Rechtsentwicklung

 

Rz. 5

Die Abs. 1–3 sind durch das Verbrauchsteuer-BinnenmarktG v. 21.12.1992[1] neu gefasst worden. Das Nachschaurecht in Abs. 1 wurde in zweifacher Hinsicht eingeschränkt. Zum einen gegenständlich auf Grundstücke und Räume (früher waren auch Schiffe und sonstige Fahrzeuge vom Nachschaurecht nach Abs. 1 erfasst), zum anderen sachlich auf Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausüben.[2]

[1] BGBl I 1992, 2150, 2204.
[2] Früher erstreckte sich das Betretungsrecht auch auf Wohnräume; vgl. Dißars/Dißars, ZfZ 1996, 130, 132.

3 Bedeutung und Zweck

 

Rz. 6

Die Zielsetzung der Steueraufsicht liegt in der Sicherung der gleichmäßigen Festsetzung und Erhebung der Steuern, wie sie in § 85 und § 1 Abs. 1 S. 2 ZollVG festgeschrieben ist, und in der Sicherung der Einhaltung der gemeinschaftsrechtlich oder nationalrechtlich geregelten Verbote und Beschränkungen, § 1 Abs. 3 ZollVG.[1]

Die Steueraufsicht wird unabhängig von dem Besteuerungsverfahren und von einer Außenprüfung durchgeführt. Anders als diese Verfahren, kann die Steueraufsicht jederzeit unangekündigt durchgeführt werden. Nach § 210 Abs. 4 AO kann ohne vorherige Prüfungsanordnung[2] zu einer Außenprüfung nach § 193 AO übergegangen werden, wenn hierzu Anlass besteht. Auf den Übergang zur Außenprüfung ist schriftlich hinzuweisen.[3]

 

Rz. 7

Die Befugnisse der Finanzbehörden bei der Durchführung der Steueraufsicht erstrecken sich nicht nur auf besteuerungserhebliche Sachverhalte, sondern auch auf die präventive und laufende Überwachung von Verboten und Beschränkungen; vgl. § 209 AO Rz. 14ff. Zur Durchführung der steueraufsichtsrechtlichen Maßnahmen enthält § 210 AO die Rechtsgrundlagen; zum Verhältnis zu Rechtsgrundlagen in anderen Gesetzen s. Rz. 8ff.. § 210 Abs. 1 AO ermächtigt zum Betreten von geschäftlich genutzten Grundstücken und Geschäftsräumen, während der Geschäfts- und Arbeitszeit, um Prüfungen vorzunehmen oder besteuerungsrelevante Feststellungen zu treffen (Nachschau). Bei Verdacht einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit regelt Abs. 2 das Nachschaurecht ohne zeitliche Einschränkungen und erweitert die Befugnisse um das Durchsuchungsrecht von Wohn- und Geschäftsräumen (Verdachtsnachschau). Abs. 3 befugt zum Anhalten und Kontrollieren von Schiffen und anderen Fahrzeugen.

Die weitgehenden Befugnisse der Finanzbehörden im Rahmen der Steueraufsicht finden ihre Rechtfertigung in den besonderen rechtlichen Gestaltungen bei Verbrauchsteuern, die im Wesen, im Anknüpfungspunkt und in der wirtschaftlichen Bedeutung dieser Steuern begründet sind und eine präventive und laufende Überwachung erfordern; vgl. dazu Vor §§ 209–217 AO Rz. 5.

4 Verhältnis zu anderen Vorschriften

4.1 Verhältnis zu zollrechtlichen Vorschriften

 

Rz. 8

Art. 5 Nr. 7 i. V. m. Art. 46 – 48 UZK[1] enthält die Rechtsgrundlage für die Durchführung von Zollkon...

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