Rz. 10

Auch der vertragliche Einstandspflichtige hat die rechtliche Stellung eines Gesamtschuldners. Dies ist aus dem § 44 Abs. 1 AO und § 421 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedanken abzuleiten. Leistet der vertragliche Einstandspflichtige bzw. wird Befriedigung im Vollstreckungsweg erreicht, so wirkt dies auch zugunsten der übrigen Schuldner.[1] Der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erlischt nach § 47 AO.[2] Ob und inwieweit der vertragliche Einstandspflichtige bei anderen Schuldnern Regress nehmen kann, richtet sich nach den hier bestehenden zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen, bei der Bürgschaft beispielsweise nach § 774 Abs. 1 S. 1 BGB.[3] Soweit ein Ausgleichsanspruch besteht, soll der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis – unter gleichzeitiger Änderung seines Rechtscharakters in einen zivilrechtlichen Anspruch – mit allen Sicherungs- oder Vorzugsrechten auf den in Anspruch genommenen Gesamtschuldner übergehen.[4]

Nach anderer Meinung sei dahingehend zu differenzieren, dass der Rückgriffsanspruch zwar zivilrechtlicher Natur sein soll, der Steueranspruch aber demgegenüber seinen öffentlich-rechtlichen Charakter nicht verlieren soll.[5] Allerdings kann letztere Ansicht nichts daran ändern, dass der Regressanspruch dann vom (ehemaligen) Haftungsschulder gegen den Steuerschuldner auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen ist. Sollten dann Fragen des Primäranspruchs zu klären sein, so ist hier das Steuerrecht und nicht das Zivilrecht einschlägig. Des Weiteren darf die Finanzbehörde nach Tilgung der Schuld durch einen Bürgen Sach- oder Forderungspfändungen nicht aufheben, wenn damit der Regressanspruch des Bürgen beeinträchtigt würde.[6]

 

Rz. 11

War die Geltendmachung unrechtmäßig, weil die die Einstandspflicht begründende Vertragsgrundlage fehlerhaft war oder der zugrunde liegende Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erloschen ist, so kann der Dritte die Erstattung von der Finanzbehörde verlangen. § 37 AO findet allerdings nicht Anwendung, da der vertragliche Anspruch, auf den geleistet worden ist, kein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist, sondern ein zivilrechtlicher Anspruch.[7] Die Erstattung erfolgt nach den zivilrechtlichen Bereicherungsbestimmungen der §§ 812ff. BGB.[8] Dieser Anspruch ist vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.[9]

 

Rz. 12

Die vertragliche Haftung endet nach den zivilrechtlichen Vorschriften, insbesondere nach den Verjährungsbestimmungen des BGB.[10] Umgekehrt erlischt der Steueranspruch sofern und soweit der vertraglich Verpflichtete die Steuerschuld erfüllt.[11]

[2] Blesinger, Haftung und Duldung im Steuerrecht, 2005, 200; BFH v. 18.2.1986, VII R 8/81, BFH/NV 1986, 579.
[3] Klein/Rüsken, AO, 13. Aufl. 2016, § 192 Rz. 3; Koenig/Intemann, AO, 3. Aufl. 2014, § 192 Rz. 8.
[4] S. § 426 BGB; App, DStZ 1998, 867, 868; Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 682 unter Bezugnahme auf BGH v. 2.4.1973, VIII ZR 108/72, NJW 1973, 1077.
[5] Klein/Rüsken, AO, 3. Aufl. 2014, § 192 Rz. 3.
[6] App, DStZ 1998, 867, 868.
[7] Koenig/Intemann, AO, 3. Aufl. 2014, § 192 Rz. 9.
[8] BFH v. 12.5.2016, VII R 50/14, BStBl II 2016, 730; Koenig/Intemann, AO, 3. Aufl. 2014, § 192 Rz. 9.
[9] S. Rz. 5; Koenig/Intemann, AO, 3. Aufl. 2014, § 192 Rz. 9.
[10] Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 682.
[11] S. Rz. 10; Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 4. Aufl. 2013, Rz. 682.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge