Rz. 11

Auch die Änderung oder Aufhebung eines rechtswidrigen Verbrauchsteuerbescheids zugunsten des Stpfl. liegt im Ermessen der Finanzbehörde. Für die Ausübung des Ermessens ist entscheidend, ob die Rechtsbehelfsfrist abgelaufen ist. Eine Aufhebung oder Änderung zugunsten des Stpfl. ist vor Unanfechtbarkeit des Verbrauchsteuerbescheids immer vorzunehmen, wenn der Antrag auf Änderung vor Ablauf der Rechtsbehelfsfrist gestellt wurde, auch wenn die Änderung erst später durchgeführt wird. Insoweit ist das Ermessen auf Null reduziert. Da der Stpfl. auch einen Einspruch hätte einlegen können, wäre es ermessensfehlerhaft, die Änderung oder Aufhebung nur deshalb abzulehnen, weil er statt eines Einspruchs einen Änderungsantrag gestellt hat.

 

Rz. 12

Die Ablehnung eines nach Eintritt der Unanfechtbarkeit gestellten Änderungs- oder Aufhebungsantrages ist dann nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Stpfl. in der Lage gewesen wäre, die Fehlerhaftigkeit des Bescheides in einem Rechtsbehelfsverfahren geltend zu machen und dies von ihm auch erwartet werden konnte. Das ist der Fall, wenn er die Gründe für die Fehlerhaftigkeit während des Laufs der Rechtsbehelfsfrist erkannt hat oder den Umständen nach hätte erkennen müssen. Entspricht die Festsetzung der Verbrauchsteuer der unrichtigen Anmeldung des Stpfl., kann von ihm erwartet werden, dass er die Richtigkeit seiner Steueranmeldung während der Rechtsbehelfsfrist überprüft und daher Einspruch einlegt. Tut er dies nicht, ist die Ablehnung eines späteren Änderungsantrags nicht ermessensfehlerhaft.[1] Dabei kommt es nicht nur darauf an, ob der Stpfl. objektiv in der Lage war, die Fehlerhaftigkeit des Bescheides zu erkennen, sondern auch, ob dies unter Berücksichtigung seiner subjektiven Fähigkeiten und Erfahrungen im Einzelfall von ihm erwartet werden konnte. Eine Rolle spielt auch, ob der Stpfl. steuerlich beraten war. Nicht erwartet werden konnte von dem Stpfl. etwa die Einlegung eines Rechtsbehelfs, wenn die Finanzbehörde in Übereinstimmung mit der Rspr. in ständiger Praxis eine bestimmte Ansicht vertritt und dann, nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist, eine Änderung der Rspr. eintritt[2], oder wenn ihm von der Behörde eine falsche Auskunft erteilt wurde, ohne dass er die Unrichtigkeit erkennen konnte.[3]

 

Rz. 13

Auch bei einer unterbliebenen Anfechtung kann eine sachgerechte Ermessensausübung die Änderung des Bescheids erfordern, wenn der Stpfl. Schritte unternommen hatte, die bei vernünftiger Betrachtung geeignet erscheinen mussten, die für den Stpfl. nachteilige Entscheidung wieder zu beseitigen. Das kann der Fall sein, wenn er eine für ihn ungünstige verbindliche Auskunft, nicht aber die darauf beruhenden Verbrauchsteuerbescheide, angefochten hat.[4] In diesem Fall sollen nach BFH (a. a. O.) bei einem Obsiegen des Stpfl. die Bescheide zu ändern sein, selbst wenn inzwischen Verjährung eingetreten ist, da der Stpfl. keinen Einfluss auf die Dauer des Verfahrens habe. M.E. geht diese Rspr. sehr weit. Wenn der Stpfl. die verbindliche Auskunft angefochten hatte, konnte von ihm auch erwartet werden, die Verbrauchsteuerbescheide anzufechten.

 

Rz. 14

Es müssen immer besondere Umstände für eine Änderung zugunsten des Stpfl. nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist vorliegen; andernfalls würde die Rechtsbehelfsfrist jede Bedeutung verlieren. Eine Ausnahme hiervon besteht lediglich in den Fällen, in denen bei einer Vielzahl von Bescheiden nur ein Teil von diesen angefochten wurde. Hier ist es nicht hinnehmbar, gleich gelagerte Fälle nur deshalb ungleich zu behandeln, weil eine formale Handlung (Einlegen des Rechtsbehelfs) versäumt wurde.[5]

Weiter gehend will FG Münster v. 27.4.1978, IV 412/78 Z, EFG 1978, 466 die Änderung von Verbrauchsteuerbescheiden immer dann zulassen, soweit zugunsten des Stpfl. Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden und den Stpfl. kein grobes Verschulden trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt geworden sind. Der Sache nach wendet das FG Münster also die Rechtsgedanken des § 173 AO an. M. E. ist dies in dieser Allgemeinheit unrichtig. Die Frage des Verschuldens des Stpfl. ist nur im Rahmen der Ermessensentscheidung zu prüfen. Es darf dabei nicht übersehen werden, dass die Änderung bei § 172 Abs. 1 Nr. 1 AO in das Ermessen der Behörde gestellt ist, während bei § 173 AO ein Rechtsanspruch des Stpfl. auf Änderung besteht.[6] § 173 AO ist angesichts der Ausschließlichkeit der Regelung des § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO weder direkt noch den Rechtsgedanken nach auf Verbrauchsteuerbescheide anwendbar (hierzu Rz. 16).

Rz. 15 einstweilen frei

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