Rz. 14

Der Tatbestand des § 160 AO besteht lediglich darin, dass der Stpfl. dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, den Gläubiger der Schulden und anderen Lasten bzw. den Empfänger der Betriebsausgaben, Werbungskosten und anderen Ausgaben genau zu benennen.

 

Rz. 15

Dieser Tatbestand ist nach dem Zweck der Vorschrift, Steuerausfälle zu verhindern, auszulegen. Danach und nach dem Wortlaut des Gesetzes ist der Gläubiger bzw. Empfänger so genau zu bezeichnen, dass die Finanzbehörde ohne weitere eigene Ermittlungen weiß, bei wem sich die Forderung bzw. die Einnahmen steuerlich auswirken.[1] Die Benennung muss daher Name, Anschrift, Höhe und Zeitpunkt der Zahlung enthalten.[2] Die Benennung des Gläubigers bzw. Empfängers kann nicht durch andere Beweismittel oder Glaubhaftmachung ersetzt werden[3], da dies nicht in gleichem Maß wie die Benennung des Gläubigers bzw. Empfängers die eingetretene Steuergefährdung beseitigen würde. Statt der Benennung des Empfängers kann der Stpfl. auch nachweisen, dass der Empfänger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Inland nicht steuerpflichtig ist oder dass er seine steuerlichen Pflichten im Inland erfüllt hat.[4]

 

Rz. 16

Nach dem Tatbestand des § 160 AO trägt der Stpfl. jedoch nur die Verantwortung dafür, den Zahlungsempfänger zu "benennen". Er ist nicht dafür verantwortlich, erforderliche Beweismittel zu beschaffen, damit die Finanzbehörde den Steueranspruch durchsetzen kann; dies richtet sich nach § 90 Abs. 2 AO. Gleiches gilt für die Erhebung bzw. Vollstreckung der Steuer; § 160 AO ist nicht allein deshalb anwendbar, weil sich die Steueransprüche gegen den Zahlungsempfänger als nicht durchsetzbar erweisen.[5]

 

Rz. 17

Vor Anwendung des § 160 AO muss feststehen, dass dem Grund und der Höhe nach abziehbare Schulden, andere Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten oder andere Ausgaben vorliegen, evtl. unter Anwendung der Schätzungsregeln nach § 162 AO.[6] Es ist also zu ermitteln, ob dem Grund nach abziehbare Lasten oder Ausgaben vorliegen und in welcher Höhe; erst dann ist über die Anwendung des § 160 AO zu entscheiden. Liegen schon aufgrund anderer Vorschriften keine abziehbaren Lasten oder Ausgaben vor, z. B. nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG, ist § 160 AO nicht anwendbar. Andererseits wird die Anwendung des § 160 AO nicht dadurch ausgeschlossen, dass die von dem Stpfl. geltend gemachten Betriebsausgaben oder Werbungskosten mit Sicherheit entstanden sind.[7]

 

Rz. 18

§ 160 AO ist nur anwendbar, wenn eine Leistungsbeziehung mit einem "Gläubiger" oder "Empfänger" besteht. § 160 AO ist nicht anwendbar auf Wirtschaftsgüter, die keine "Schulden und Lasten" sind, also insbesondere Aktivvermögen einschließlich Forderungen. Bestehen Forderungen, braucht der Schuldner nicht benannt zu werden; dieser ist kein "Empfänger". Auf gewinn- und steuermindernde Vorgänge, die nicht "Schulden und Lasten" betreffen, ist die Vorschrift daher nicht anwendbar.

 

Rz. 18a

Jedoch ist bei dem Aktivvermögen zu berücksichtigen, dass bei Anschaffung Zahlungen an den Veräußerer oder bei Herstellung an Auftragnehmer erfolgt sind. Diese Zahlungen unterliegen der Pflicht zur Empfängerbenennung nach § 160 AO, und zwar in dem Zeitpunkt, in dem sie sich steuermindernd auswirken. Bei Aktivierung des Wirtschaftsgutes ist das erst im Zeitpunkt der Abschreibung bzw. bei gewinnmindernder Ausbuchung der Fall. Nach § 160 Abs. 1 S. 1 AO ist nur entscheidend, dass Zahlungen an einen Dritten zu Aufwand geführt haben. Nicht maßgebend ist demgegenüber, wann sich dieser Aufwand erfolgswirksam auswirkt. Dies folgt aus dem Zweck der Vorschrift, zu verhindern, dass sich Aufwand bei dem Stpfl. steuermindernd auswirkt, während der Empfänger die Einnahmen nicht versteuert.[8] Nach diesem Zweck der Vorschrift kommt es auch nicht darauf an, in welcher Form sich der Aufwand steuermindernd auswirkt. Eine die Anwendung des § 160 AO rechtfertigende Auswirkung des Aufwands liegt daher sowohl bei sofort abziehbaren Betriebsausgaben als auch bei einer Abschreibung des aktivierten Wirtschaftsgutes vor. Bei einer Abschreibung kommt es auch nicht darauf an, ob es sich um regelmäßige Abschreibungen für Abnutzung oder um eine Teilwertabschreibung handelt. Daher greift § 160 AO auch ein, wenn für ein regelmäßig nicht abschreibbares Wirtschaftsgut, z. B. eine Beteiligung, eine Teilwertabschreibung in Anspruch genommen wird.[9] § 160 AO ist nur dann nicht anwendbar, wenn die Abschreibung nicht steuerwirksam ist, wie nach § 8b Abs. 3 S. 3 KStG. Vgl. hierzu auch Rz. 43.

 

Rz. 18b

Die ältere Rechtsprechung hatte entschieden, dass § 160 AO nicht die Benennung des Gläubigers erfordere, wenn bei einer Rückstellung wegen der drohenden Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft gebildet und gleichzeitig ein Rückgriffsanspruch gegen den Schuldner aktiviert wurde. War dieser Rückgriffsanspruch nicht vollwertig und musste abgeschrieben werden, sollte auf eine solche Teilwertabschreibung des Wirtschaftsguts "Forderung" § 160 AO nicht anwendb...

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