Rz. 52

Der Begriff der Besteuerungsgrundlagen wird vom Gesetz an mehreren Stellen verwendet, neben § 157 Abs. 2 AO in § 162 Abs. 1 und 3 AO, in § 163 AO sowie in § 199 AO. Dabei erscheint § 199 AO in einer Form, in der üblicherweise Legaldefinitionen gekleidet sind. Es liegt daher die Annahme nahe, dass § 199 AO eine Legaldefinition des Begriffs der Besteuerungsgrundlagen, wenn auch systematisch an der falschen Stelle, darstellt. Wenn demgegenüber bestritten wird, dass es sich bei § 199 AO um eine Legaldefinition handelt[1], so liegt der Grund hierfür offensichtlich darin, dass die verschiedenen Gesetzesstellen, in denen der Begriff der Besteuerungsgrundlagen enthalten ist, völlig unterschiedliche Funktionen haben.

 

Rz. 53

Aufeinander bezogen sind offensichtlich § 157 Abs. 2 AO und § 179 AO, beide Vorschriften gehören zum Steuerfestsetzungsverfahren und sind durch § 157 Abs. 2 Hs. 2 AO und die Verweisung in § 179 AO miteinander verklammert. Bei beiden Vorschriften geht es um die Abgrenzung des Regelungsinhalts von Bescheiden, und damit um den Umfang der Bestandskraft und der Anfechtbarkeit. Geregelt wird in den beiden Vorschriften, inwieweit "Besteuerungsgrundlagen" zu diesem Regelungsinhalt gehören. In § 157 Abs. 2 AO wird diese Frage grundsätzlich verneint (Besteuerungsgrundlagen als "nicht selbstständig anfechtbarer Teil des Steuerbescheids"), in § 179 Abs. 1 AO als Ausnahme bejaht. Beide Vorschriften beziehen sich daher als Regel und Ausnahme aufeinander.

 

Rz. 54

§ 199 AO gehört zum Bereich der Außenprüfung und damit zum Ermittlungsverfahren. Dem Wortlaut nach regelt diese Vorschrift nur eine spezielle Frage, nämlich die der Ermittlungen durch den Außenprüfer und seine Pflicht, zugunsten wie zuungunsten des Stpfl. zu prüfen. Überraschenderweise benutzt aber diejenige Vorschrift, die den Umfang der Ermittlungen des Außenprüfers festschreibt, nämlich § 194 AO, den Begriff der Besteuerungsgrundlagen nicht. So hat der Prüfer nach § 194 AO die "steuerlichen Verhältnisse" des Stpfl. zu prüfen, während § 199 AO formuliert, dass er dabei die "Besteuerungsgrundlagen" zugunsten wie zuungunsten des Stpfl. zu prüfen habe. Wenn man annimmt, was auch der Wortlaut des § 199 AO nahe legt, dass die "steuerlichen Verhältnisse" in § 194 AO identisch sind mit den "tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind", und damit mit den "Besteuerungsgrundlagen", stellt dies der Begriffsbildung des Gesetzgebers kein gutes Zeugnis aus.

 

Rz. 55

§ 199 AO[2] als Regelung des Umfangs der Ermittlungen weisen enge Zusammenhänge mit § 162 AO auf. Auch § 162 AO regelt eine Frage der Ermittlung, nämlich in welchen Fällen zu ermitteln ist und wann stattdessen eine Schätzung genügt. Darüber hinaus weist § 162 Abs. 3 AO eine Beziehung zu § 179 AO, und damit zu der ersten Gruppe der Vorschriften auf, die den Begriff der Besteuerungsgrundlagen verwendet. Zwar sind nicht alle Grundlagenbescheide, auf die sich § 162 Abs. 3 AO bezieht, auch Feststellungsbescheide nach § 179 AO, aber umgekehrt sind alle Feststellungsbescheide Grundlagenbescheide, § 162 Abs. 3 AO gilt also für die Feststellungsbescheide nach § 179 AO.

 

Rz. 56

Isoliert von diesen Vorschriftengruppen erscheint die Verwendung des Begriffs der Besteuerungsgrundlagen in § 163 AO. Es geht hier weder um die Abgrenzung des Regelungsbereichs eines Steuerbescheids noch um Fragen der Ermittlung, sondern darum, ob steuerlich andere als die tatsächlich verwirklichten Sachverhalte zugrunde gelegt werden können.

 

Rz. 57

Enthält § 199 AO eine Legaldefinition, muss sie für alle diese verschiedenen Vorschriftengruppen eine sinnvolle Regelung enthalten. Nach § 199 Abs. 1 AO sind Besteuerungsgrundlagen die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend sind. Besteuerungsgrundlagen sind danach alle Beziehungen des Stpfl. tatsächlicher und rechtlicher Art sowie alle tatsächlichen und rechtlichen Eigenschaften der Außenwelt (Gegenstände usw.), an die die Besteuerung in irgendeiner Form, mittelbar oder unmittelbar, anknüpft und die damit vom Gesetz in der Form des gesetzlichen Tatbestands zur Konkretisierung der Steuerpflicht und zur Berechnung der Steuer herangezogen werden.[3] Dieser Begriff der Besteuerungsgrundlagen ist damit denkbar weit. Er umfasst alles, was steuerlich relevant ist, sowohl numerische Besteuerungsgrundlagen als auch tatsächliche und rechtliche Verhältnisse.

 

Rz. 58

Diese Definition der Besteuerungsgrundlagen in § 199 Abs. 1 AO ist offensichtlich passend für den Umfang der Außenprüfung. Besteuerungsgrundlagen i. d. S. sind identisch mit den "steuerlichen Verhältnissen" in § 194 AO; es ist jedenfalls nicht zu sehen, welche "steuerlichen Verhältnisse" es geben kann, die nicht unter diesen weiten Begriff der Besteuerungsgrundlagen fallen. Andererseits ist diese Definition auch geeignet für § 157 Abs. 2 AO. Setzt man die Definition des § 199 Abs. 1 AO in § 157 Abs. 2 AO e...

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