Rz. 1

Abs. 1 enthält eine Ermächtigung für das BMF, durch Rechtsverordnung Regelungen über Kleinbeträge bei der Steuerfestsetzung von Steuern und steuerlichen Nebenleistungen zu treffen. Aus § 155 Abs. 3 AO ergibt sich, dass diese Ermächtigung auch für die Festsetzung von Steuervergütungen gilt.

 

Rz. 2

Die Vorschrift wurde durch die AO 1977[1] eingeführt. Abs. 1 ist durch Gesetz v. 19.12.2000[2] neu gefasst worden. Dabei wurde der Betrag von 20 DM durch den Betrag von 10 EUR ersetzt. Die in Abs. 1 enthaltene, bis zum Jahr 2000 geltende Ermächtigung, durch Rechtsverordnung die Abrundung zu regeln, ist ersatzlos gestrichen worden. Durch Gesetz v. 26.6.2013[3] wurde in Abs. 1 S. 2 die Kfz-Steuer, Luftverkehrsteuer und VersSt hinzugefügt, die Ein- und Ausfuhrabgaben gestrichen. Durch Gesetz v. 18.7.2016[4] wurde die Vorschrift in Abs. 1 und 2 neu gefasst und auch die KleinbetragsVO geändert. Die wesentliche Änderung besteht in der Erhöhung des Kleinbetrags von 10 EUR auf 25 EUR in Abs. 1. Nach Art. 23 Abs. 1 des Gesetzes v. 18.7.2016 gilt die Neuregelung ab 1.1.2017.

 

Rz. 3

Die Rechtsverordnung bedarf, soweit sie Besitz- und Verkehrsteuern sowie die Realsteuern betrifft, der Zustimmung des Bundesrates. Soweit es sich um Abgaben handelt, für die dem Bund die ausschließliche Besteuerungshoheit zusteht, ist eine Zustimmung des Bundesrates nicht notwendig. Es handelt sich um die Kraftfahrzeugsteuer, bei der die Ertragshoheit auf den Bund übertragen wurde, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungssteuer, Einfuhr- und Ausfuhrabgaben (insoweit Zuständigkeit der EU) und Verbrauchsteuern. Für die Biersteuer, deren Aufkommen nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 5 GG den Ländern zusteht, ist die Zustimmung des Bundesrates erforderlich, obwohl es sich um eine Verbrauchsteuer handelt.

 

Rz. 4

Für die Luftverkehrsteuer, die Versicherungssteuer und die Verbrauchsteuern ist die entsprechende Rechtsverordnung noch nicht ergangen. Für die Kraftfahrzeugsteuer enthält § 5 (früher: § 6) der KleinbetragsVO eine Regelung für die Beendigung der Steuerpflicht.[5] Für Einfuhr- und Ausfuhrabgaben i. S. d. Art. 5 Nr. 20, 21 ZK,[6] nämlich Zölle und zollähnliche Abgaben, Abschöpfungen und Abgaben im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik, ist § 156 AO grundsätzlich anwendbar, da die AO nach § 1 Abs. 1 AO auch für Steuern nach den Vorschriften der EU gilt. Die KleinbetragsVO enthält insoweit jedoch keine Regelung, da sie durch die DVO zum ZK verdrängt wird.[7]

 

Rz. 5

Systematisch bedeutet das Absehen von der Steuerfestsetzung, dass die Ansprüche nicht erlöschen. Es entsteht lediglich ein formales, verfahrensrechtliches Festsetzungshindernis. Dieses formale Festsetzungshindernis bildet zugleich die "causa" für die Nichtentrichtung des materiell-steuerrechtlich bestehenden Anspruchs.

 

Rz. 6

§ 156 Abs. 1 AO erfasst bis 31.12.2016 die "Festsetzung" von Steuern und steuerlichen Nebenleistungen, ab 1.1.2017 nur die Festsetzung von Steuern. Bis 31.12.2016 nicht erfasst wurden Nebenleistungen, die nicht festgesetzt werden, wie die Säumniszuschläge. Im Übrigen war die Verordnungsermächtigung für steuerliche Nebenleistungen bisher nicht ausgenutzt worden. Die Verordnungsermächtigung für steuerliche Nebenleistungen ist daher bei der Neufassung des § 156 AO ersatzlos gestrichen worden. Für Zinsen besteht nach § 239 Abs. 2 AO eine eigenständige Kleinbetragsregelung. Im Übrigen ist die Regelung im Erhebungs- und Vollstreckungsverfahren nicht anwendbar, da es sich dann nicht um eine "Festsetzung" der Steuer handelt. Festsetzung einer Haftungsschuld ist keine Steuerfestsetzung; die Kleinbetragsregelung gilt daher für Haftungsschuldner nicht.[8]

[1] G. v. 16.3.1976, BStBl I 1976, 157.
[2] BStBl I 2001, 3.
[3] BStBl 2013, 802.
[4] BGBl I 2016, 1679, 1694.
[5] Rz. 31.
[6] VO (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 9.11.2013, ABl L 269 v. 10.10.2013, 1.
[7] Rz. 43.
[8] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, zu § 156 AO Rz. 6.

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